Kommentar zum Printmarkt:
Magazine als Konsumgut
Vergangene Woche wurden mit "People", "Frei" und "TV Wissen" gleich drei Zeitschriften eingestellt. Ist das der Niedergang von Print? Ganz im Gegenteil, sagt Manuela Pauker, Ressortleiterin Medien von W&V.
Vergangene Woche wurden mit "People", "Frei" und "TV Wissen" gleich drei Zeitschriften eingestellt. Ist das der Niedergang von Print? Ganz im Gegenteil, sagt Manuela Pauker, Ressortleiterin Medien von W&V.
Es läuft für die Verlagswelt allem Anschein nach mal wieder nicht so gut. Für gleich drei Titel wurde das Aus verkündet: Am Dienstag machte die Funke-Gruppe mit "TV Wissen" Schluss, am Donnerstag war es mit dem Gruner + Jahr-Weekly "Frei" vorbei. Beide Hefte lagen knapp ein halbes Jahr in den Zeitschriftenregalen. Am Freitag dann der größte Knall: Die Bauer Media Group gab bekannt, dass sie nach einem Jahr und drei Monaten mit der deutschen Ausgabe von "People" aufhört.
Bye-bye, Hollywood.Macht’s gut, ihr ambitionierten Zeitschriftenprojekte. Und wieder ein Beleg dafür, dass es mit Print einfach zu Ende geht, richtig?
Falsch. Ganz im Gegenteil. Der Cut, den die drei Häuser mehr oder weniger zügig gemacht haben, ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Printbranche verstanden hat, wie es geht. Ihr Vorgehen ist symptomatisch für eine neue, viel flexiblere Gründungskultur. Denn es wurden ja nicht nur Blätter vom Markt genommen. Im gleichen Zeitraum wurden noch mehr gelauncht. Allein im ersten Halbjahr haben die Verlage das Publikum mit neuen Angeboten reichlich versorgt. Es gab Nachrichtliches wie die "Frankfurter Allgemeine Woche", verschiedene Frauentitel wie Funkes "Zeit für mich" und Springers Rückkehrerin "Allegra". In dieser Woche kommt noch der neue G+J-Männertitel "No Sports" dazu – die Segmente werden munter bedient. Die Wahrnehmung von Zeitschriften als schnelldrehende Konsumgüter nimmt in den Verlagen zu. Das mag nicht jeder in Ordnung finden. Aber so ist es nun mal: Magazine sind am Ende auch nur Produkte, und wenn das Produkt beim Verbraucher nicht ankommt, zieht man die Konsequenzen. Dann versucht man es mit einem neuen Waschmittel, Schokoriegel – oder einem neuen Heft.
Diese veränderte Innovationskultur des Printlagers musste sich in den Köpfen erst mal verankern. Inzwischen ist das passiert. In vielen Häusern, etwa bei Bauer oder Gruner, gibt es eine Infrastruktur für Innovationen, die jeder, der will, nutzen kann. Das Scheitern eines Projekts wird nicht mehr als große Katastrophe gesehen, sondern als Chance, daraus zu lernen. Klar, kosten darf so eine Idee nicht allzu viel, und im Normalfall kommen die neuen Ideen von Mitarbeitern, die ohnehin schon mit ihren bestehenden Aufgaben ausgelastet sind. Aber das ist der Preis für schnelleres Agieren. Und Risikominimierung: Wer eine Idee hat, die nicht so gut läuft, steht dann nicht vor dem beruflichen Abgrund – sondern macht in den meisten Fällen eben das weiter, was er bisher schon betreut hat.
Einen gigantischen Magazinstart wie den der deutschen "Vanity Fair" im Jahr 2007 gibt es sicher nie wieder. Weder in Deutschland noch sonst irgendwo auf der Welt. Knapp 100 Mio. Euro hat die US-Mutter Condé Nast während des zwei Jahre dauernden Versuchs dem Vernehmen nach versenkt. Ein Verlust, der nicht nur das Haus lange zu lähmen schien, sondern die ganze Branche. Aber auch daraus haben die Verlage nach einer ersten Schockstarre gelernt. Nicht mehr alles auf eine Karte setzen! Das nimmt den Druck und macht den Kopf frei. Für neue Ideen. Die vielleicht nicht immer funktionieren. Aber manchmal eben doch.
Der Kommentar ist zuerst erschienen in W&V 25/2016. Kein Abo? Hier entlang.