Keine echte Zukunftsvision

Dies bedeutet aber auch, dass der fusionierte Verlag, der unter dem Markennamen Gannett fortgeführt werden soll, in möglichst kurzer Zeit einen hohen Anteil des Kredits zurückzahlen muss, um einen günstigeren Zinssatz für den Restkredit erlangen zu können.

Als einen der wichtigsten Gründe für den Deal hatte das New-Media-Management die möglichen jährlichen Einsparungen durch Synergieeffekte in Höhe von bis zu 300 Millionen Dollar genannt – etwa durch den Abbau von Arbeitsplätzen oder den Verkauf von Verlagsgebäuden.

In einer ausführlichen und sehr fundierten Analyse des Deals weist der US-Medienexperte Ken Doctor aber darauf hin, dass dem im ersten Jahr allein Kosten für Abfindungen in Höhe von rund 100 Millionen Dollar gegenüberstehen dürften.

Und Doctor zeigt auch das eigentliche Problem des ganzen Vorhabens auf: Es gibt eigentlich keine echte Vision, wie es mit dem fusionierten Lokalzeitungsriesen weitergehen soll. Weder Gannett noch Gatehouse hätten bislang ein überzeugendes Zukunftskonzept vorgelegt.

Digitalisierungsstrategie noch in den Anfängen

Insgesamt wird das neue Gannett 263 Zeitungstitel herausgeben. Doch welche Zukunft haben die Lokalzeitungen in den USA überhaupt? Sollen einzelne, wirtschaftlich wenig erfolgreiche Titel verkauft oder eingestellt oder soll die Erscheinungsfrequenz der Blätter gesenkt werden?

Im zweiten Quartal dieses Jahres verzeichnete Gannett im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres bei den Print-Anzeigenerlösen ein Minus von 18,5 Prozent und beim Gesamtumsatz ein Minus von 9,9 Prozent. Bei Gatehouse sah es nicht viel besser aus: Hier gingen die Print-Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um 15,3 Prozent zurück und der Gesamtumsatz um 6,9 Prozent.

Die Digitalisierungsstrategie ist zudem über erste Ansätze noch nicht hinausgekommen. Bislang liegt der Umsatzanteil der beiden Verlage aus dem Digitalgeschäft lediglich bei rund 25 Prozent.

Die digitale Transformation ist also bei Weitem nicht so weit fortgeschritten wie etwa bei der New York Times, der Washington Post oder dem Wall Street Journal. Bei diesen Titeln wurden in den vergangenen Jahren enorme Summen in die Digitalangebote investiert. "Das neue Gannett steht eher am Beginn der digitalen Transformation als am Ende. Und das wird teuer", analysiert Doctor.

Ein weiterer Spieler am Tisch

Am vergangenen Freitag gab es dann nochmals eine schlechte Nachricht für das New-Media-Management. Denn da gab der Hedgefonds Alden Global bekannt, dass er 9,4 Prozent der Anteile an New Media erworben habe. Alden Global ist Mehrheitseigner des viertgrößten US-Zeitungsverlags Digital First Media, der rund 50 lokale und regionale Zeitungstitel herausgibt.

Im vergangenen Frühjahr war Alden Global noch mit dem Versuch einer feindlichen Übernahme von Gannett gescheitert. Unklar ist, was Alden-Präsident Heath Freeman nun vorhat.

Da die geplante Fusion von Gannett und Gatehouse von den Aktionären der beiden Unternehmen erst noch abgesegnet werden muss, könnte Freeman bei der Gatehouse-Mutter New Media versuchen, den Deal zu Fall zu bringen.

Möglich ist aber auch, dass er selbst ein neues Übernahmeangebot für Gannett vorlegt, falls bei den New-Media-Aktionären die Skepsis hinsichtlich einer Übernahme von Gannett weiterhin überwiegen sollte.

Ken Doctor spricht deshalb von einem "Schachspiel, das noch Monate andauern könnte". Denn die Aktionäre werden erst Ende des Jahres über den Deal abstimmen, wenn die Überprüfung durch die Kartellbehörden abgeschlossen ist.


Autor: Franz Scheele

Schreibt als freier Autor für W&V Online. Unverbesserlich anglo- und amerikanophil interessieren ihn besonders die aktuellen und langfristigen Entwicklungen in den Medien- und Digitalmärkten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.