Koch betont, dass Strukturen und Abläufe bei "Bild" gemeinsam mit Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt erst aufgebrochen, und dann neu zusammengesetzt wurden. Resultat sei eine "vereinte Redaktion", die sich im Gegensatz zu früheren Zeiten nun gemeinsam überlege, wo welcher Inhalt am besten ausgespielt werde.

Die in Konstanz geborene und in Bonn aufgewachsene Juristin und Politikwissenschaftlerin setzt dabei zwar auf die Kampagnenfähigkeit ihrer Zeitung, wünscht sich aber den mündigen "Bild"-Leser: "Wir haben als Journalisten keinen Erziehungsauftrag. Wir machen unsere Leser nicht zu besseren Menschen ... wir machen sie zu besser informierten Menschen."

Sie verteidigt die noch unter Diekmann gestartete Pro-Flüchtlings-Kampagne "Refugees Welcome" als ”klares Bekenntnis zur Hilfsbereitschaft“ der Deutschen, lehnt aber eine anders gerichtete Kampagne gegen die rechtspopulistische Alternative für Deutschland ab: "Eine Kampagne gegen die AfD würde sie wichtiger machen, als sie ist."

Der Macht des Blattes ist sich Tanit Koch bewusst, wenn sie sagt: "'Bild' ist kein flüchtiges Medium, unsere Schlagzeile bleibt und hat die Kraft von Europas größter Tageszeitung. Und wir sind kampagnenfähig." Zumal  Debatten, die das Springer-Blatt anstoße, die Menschen beschäftigen würden. Sie "sind Gesprächsthema, entfalten Wirkung - auch Druck".

Entschieden ist Koch bei der Rückschau auf ihre bislang wohl umstrittenste "Bild"-Schlagzeile: "Grüner mit Hitler-Droge erwischt!" titelte die Zeitung, als beim Grünen-Bundespolitiker Volker Beck laut Polizei Crystal Meth gefunden wurde. Da habe ihre Zeitung "zur Allgemeinbildung beigetragen", in dem sie die Gefahren der Droge Crystal Meth thematisiert habe - und nicht zur Diffamierung des Grünen-Politikers, sagt Koch mit feinem Lächeln. Im Übrigen solle sich die Öffentlichkeit statt über die Schlagzeile lieber über Beck empören, da dieser sich bis heute noch nicht öffentlich zu seinem Verhalten erklärt habe.

Selbst im Rampenlicht zu stehen, ist für die eifrige Twitter-Nutzerin Koch eher nicht erstrebenswert: "Mein Name muss nicht über einer Geschichte stehen, um ihr meine Handschrift zu geben." Und auch ihr Privatleben hält die Chefin von Deutschlands größtem Boulevard-Blatt lieber aus den Schlagzeilen: "Für einen 'Bild'-Aufmacher reicht es nicht.“

Patrick T. Neumann, dpa