Besonders bei Crime-Stories waren die Zuschauer schnell dabei: Bei "Making a Murderer" war es die Befragung von Brendan Dassey (Folge 4), in ebenfalls der vierten Folge war es auch um die Zuschauer von Marvel’s "Jessica Jones" geschehen und noch eine Episode früher waren sie von "How to get Away With Murder" angefixt.

Wenig überraschend bindet vor allem die starke Emotion, Liebe und Familie zum Beispiel verbanden die Seher von "Gilmore Girls" (Folge 7) und "The Get Down" (Folge 2) und "The Ranch" (Folge 3) intensiv mit den Fans. Ein Mix aus beiden Elementen funktionierte bei "Fuller House", als Hund Cosmo den Tanner-Clan in Folge vier komplettierte.

Deutsche schnell angefixt

Die Ergebnisse in Deutschland weichen nicht so sehr von den weltweiten ab. Im Schnitt waren allerdings die deutschen Netflix-Mitglieder eine Folge eher angefixt als Zuschauer in vielen anderen Ländern (im Durchschnitt in Folge 3). Zudem zeigt sich, dass der Prozess des Angefixtseins bei den Deutschen anscheinend immer schneller geht: Bei der letztjährigen Untersuchung dauerte es im Schnitt noch bis Folge 4.

Gute Geschichten funktionieren überall

"Wir haben immer geglaubt, dass großartige Geschichten universell sind. Das Internet erlaubt es uns, diese Geschichten mit einem weltweiten Publikum zu teilen, und was wir aus den Daten lesen können, ist, wie ähnlich unsere Mitglieder schauen und empfinden", sagt Cindy Holland, Vice President of Original Content bei Netflix. "Die Ergebnisse der Untersuchung geben uns Vertrauen, dass es auf der ganzen Welt einen großen Appetit auf originelle und einzigartige Stoffe gibt. Deswegen sind wir begeistert, unseren Mitgliedern so vielfältige Geschichten anbieten zu können, ob es politische Dramen in Frankreich sind oder musikalische Dramen aus der Bronx."

Methodik

Die Daten in dieser Untersuchung stammen von Netflix-Mitgliedern, die die erste Staffel der ausgewählten Serien angefangen haben zu schauen. Der Zeitraum von Januar 2015 bis August 2016 wurde bei Konten in den Ländern Argentinien, Australien, Brasilien, Belgien, Chile, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada, Kolumbien, Mexiko, Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Peru, Schweden und USA ausgewertet. In Hongkong, Indien, Italien, Japan, Malaysia, Philippinen, Polen, Portugal, Singapur, Spanien, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde der Zeitraum Januar bis August 2016 analysiert. Die Folge, bei der man angefixt wird, wurde bestimmt, indem 70 Prozent der Zuschauer, die diese Folge gesehen haben, die gesamte Staffel der Serie zu Ende schauten. Diese Folgen wurden zuerst per Markt definiert und dann wurde ein Durchschnitt errechnet, um die globale Folge zu bestimmen. Diese Episode hat keinen Zusammenhang zu der totalen Anzahl von Zuschauern der Serie. Während die Untersuchung von Netflix bestimmte Folgen definieren konnte, gibt sie keine Hinweise zu bestimmten Wendepunkten innerhalb der Episode.

Gute Quoten für die Netflix-Produktionen

Netflix hat über 83 Millionen Mitglieder in mehr als 190 Ländern, die täglich über 125 Millionen Stunden Filme und TV-Serien schauen.Der Konzern lässt sich nicht gern in die Karten schauen, was für Zuschauerzahlen die einzelnen Serien erzielen, stets betonen die Macher, es gehe um die Abonnentenzahlen und nicht um die Quoten. Die hat Symphony Advanced Media nun dennoch herausfinden können. Dem Hollywood-Dienst zufolge war die viel beachtete Serie "Stranger Things" die dritterfolgreichste innerhalb von 35 nach dem Start auf Netlix: Sie erreichte im Schnitt gut 14 Millionen Zuschauer zwischen 18 und 49 Jahren (USA) und liegt damit hinter bereits etablierten Formaten wie "Orange is the new Black" und "Fuller House" (14,4 Mio.) und noch vor "Making a Murderer". (Symphony trackt die Serien mit Hilfe von Audio-Software auf Smartphones).

Netflix ist von den Zahlen nicht begeistert - einfach, weil sie nun durchsickern. Mit den Symphony-Ergebnissen versöhnen dürfte den Konzern, dass die Tracking-Daten ergeben: Praktisch alle hochgelobten Netflix-Produktionen erreichen sehr viel mehr Zuschauer als die viel beachteten Shows von den Konkurrenten Amazon Prime und Hulu.

Der Streaming-Markt

Der SVOD-Markt (Subscribed Video on Demand, also Streaming im Abo) wächst dem Insitut IHS Markit zufolge nach wie vor rasant in Westeuropa. Schon 2015 erreichten die Umsätze mit SVOD die 2-Milliarden-Euro-Marke, bis Ende 2016 werden es bereits mehr als 3 Mrd. sein. Vor dem Markteintritt von Netflix in Großbritannien 2012 lagen die SVOD-Umsätze in Westeuropa bei gut 150 Mio. Euro im Jahr.

Neue Studie: Masse statt Nische

Übrigens: Laut Deutschen Presse-Agentur sind Serien wie "Game of Thrones", "Breaking Bad" längst keine Nischenprodukte mehr. Die Nachrichtenagentur beruft sich auf eine Studie der Universität Münster: "Fast jeder zweite Deutsche mit Internetzugang kennt zumindest einige Vertreter dieses neuartigen Typs TV-Serie", sagte der Marketingwissenschaftler Thorsten Hennig-Thurau der DPA und sprach von einem "Massenphänomen". Die in Deutschland am meisten geschauten neuen Serien sind der Umfrage zufolge "The Walking Dead" (23 Prozent der Bevölkerung), "Lost" (19 Prozent) und "Game of Thrones" (18 Prozent).

Die Studie mit dem Titel "Phänomen Neue Drama-Serien" untersucht die Unterschiede zwischen diesem neuen Serientyp und herkömmlich produzierten TV-Serien und analysiert die Gründe, was solche Serien erfolgreich macht. Der größte Unterschied zwischen den "neuen" und "alten" Serien: Fürs lineare Fernsehen musste eine vorgegebene Anzahl Folgen in exakt gleicher Länger mit dramaturgisch gut gesetzten Werbepausen konzipiert werden, die zudem in wöchentlicher Ausstrahlung konsumiert wurde - abgeschlossene Handlungen waren also ein wesentlicher Punkt. Die neuen Serien hingegen erzählen komplexere Geschichten - und ob eine Folge 50 oder 60 Minute dauert, ob eine oder fünf Folgen am Stück geschaut werden, spielt keine Rolle.

Grundlage der Studie der Uni Münster ist eine den Angaben zufolge für die deutschen Internetnutzer repräsentative Befragung von 4000 Zuschauern. Als "Neue Drama-Serien" haben die Wissenschaftler moderne, anspruchsvolle Serien wie "House of Cards", "Sherlock" oder "Homeland" identifiziert. Konventionelle Serien sind für sie beispielsweise Serien wie "Dr. House" und "Grey's Anatomy". Vorgestellt werden soll die Studie am Donnerstag bei der internationalen "Big Data, Big Movies"-Konferenz in Potsdam.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.