Auch eine aktuelle Studie aus Göttingen sollte der PR-Branche zu denken geben. Die Politikwissenschaftler Franz Walter und Stine Marg befragten prominente Manager und Chefs mittelständischer Unternehmen über ihre Meinung zum Journalismus. Die Antworten sind erschreckend: "Medien pauschalisieren", "skandalisieren“, "betreiben Hetzjagden" und "vernichten Lebensleistungen" – die Manager, so Walter und Marg, hätten geradezu "mit tiefer Verachtung und größter Abscheu“ über Journalisten und Medien gesprochen.

Warum sehen Manager Journalisten als Feinde? Ein Grund liegt sicherlich darin, dass sich nur die wenigsten ernsthaft und persönlich mit der Arbeit von Journalisten auseinandersetzen.

Hier kommt die PR ins Spiel: Aber schafft es unsere Branche heute überhaupt noch, die  Unternehmenslenker für das Thema Media Relations zu sensibilisieren? Haben wir selbst eine der Kernaufgaben der Public Relations aus dem Blick verloren?

Fragt man heute PRler zu ihren wichtigsten Aufgaben, betonen viele das "medienübergreifende Gesamtkonzept", welches mit einer "klug vernetzten Kampagne", "hoher Viralität" und einem Fokus auf "Influencer in Social Media" für mehr Wahrnehmung sorgen soll. Sicher gehören auch diese Leistungen zur Klaviatur, die jeder Kommunikationsprofi beherrschen muss – denn schließlich locken hier auch unbestreitbar die größten Etats. Dennoch erwähnen nur noch wenige auch die Maßnahmen, die Journalisten wie Kai Diekmann wichtig sind: Redaktionsbesuche, Blattkritiken oder Hintergrundgespräche. Auch dem Kunden – den Unternehmen – müssen der Sinn dieser Maßnahmen und der Mehrwert der persönlichen Kontakte in die Redaktionen wieder nähergebracht werden – das als "Old school" oder "Nische" abzutun, wie es oft aus Branchenkreisen zu hören ist, ist nicht nur arrogant, sondern auch kurzsichtig.

Media Relations und eine exzellente Vernetzung zu Journalisten sind (und bleiben) ein essentielles Tool für erfolgreiche Kommunikation - gerade weil die Reichweiten immer noch häufig um ein vielfaches höher liegen als die viraler Kampagnen, die im Übrigen ohne zusätzliche Mediabudgets in der Regel ohnehin nicht funktionieren. Wer jetzt behauptet, das sei doch selbstverständlich, übersieht die Entwicklung der vergangenen Jahre.

Diese Kontakte aufzubauen und zu pflegen wird nämlich immer komplexer. Nicht nur, weil Pressekonferenzen - auf denen Manager und Journalisten aufeinander treffen - nur noch von ganz großen Unternehmen Sinn machen - wenn überhaupt! Nicht nur, weil in den Redaktionen heute immer weniger Zeit für eine fundierte Recherche mit Hintergrundgesprächen und gar persönlichen Treffen bleibt. Sondern auch, weil immer mehr Anbieter unserer Branche immer unprofessioneller auf die Journalisten zugehen und glauben, mit dem Versenden einer nachrichtenfreien Pressemitteilung und dem anschließenden Anruf einer Praktikantin in der Redaktion - wann denn der Text abgedruckt würde - sei das Thema Media Relations im Sinne des Kunden bedient.

Media Relations heißt, auf Augenhöhe mit Journalisten zu kommunizieren. Ihnen Themen anzubieten, mit denen sie wirklich etwas anfangen können und ein langfristiges Vertrauensverhältnis aufzubauen und zu pflegen. Sie mit Unternehmern zusammenbringen, die auch etwas zu sagen haben. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit.

*Christoph Caesar ist Geschäftsführender Gesellschafter der Siccma Media GmbH in Köln. Der 44-Jährige war als PR-Manager und Kommunikationsleiter für verschiedene Agenturen und Unternehmen tätig, darunter Endemol Deutschland und die Endmark AG. Bei Siccma Media verantwortet er die Geschäftsbereiche Media, Marketing, Digital Business, M&A und Reputation Management. Im Zuge des Verfahrens gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff und David Groenewold trat Caesar als PR-Berater des Filmproduzenten auf.


Autor: W&V Gastautor:in

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