Jan Bayer:
Print und Online addiert: Springer liefert Multimedia-Reichweite für "Welt"-Familie
Springer-Vorstand Jan Bayer hat viel Geld investiert, um eine testierte Multimedia-Reichweite für "Die Welt" vorzulegen. Gutes Eigenmarketing - aber auch Branchenstandard?
Schon lange streitet die Branche über Messstandards für digitale App-Verkäufe und crossmediale Reichweiten, konnte sich aber bislang noch nicht einigen. Um den Prozess bei der Reichweiteninstanz Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (ag.ma) zu beschleunigen, hat Springer-Vorstand Jan Bayer nun für "Die Welt" eine Multimedia-Tagesreichweite vorgelegt. Dies berichtet der W&V-Schwestertitel Kontakter in seiner aktuellen Ausgabe (EVT: 10.04.).
Darin fließen die in der AWA 2012 ausgewiesenen Leser pro Ausgabe (LpA) der gedruckten "Welt" ein. Sie wird addiert mit den von der AGOF gemessenen täglichen Unique Usern online sowie Webtraffic-Statistiken für mobile Webseiten, Tablet- und Smartphone-Apps (Messzeitraum: November 2012 bis Januar 2013). Wie sich die Nutzung von Print- und Digitalkanälen überschneidet, ermittelte das Institut für Demoskopie in Allensbach per Abfrage. Abzüglich der Doppelnutzung kommt netto eine multimediale Tagesreichweite von gut 1,4 Millionen Nutzern heraus – testiert von den Wirtschaftsprüfern Price Waterhouse Coopers (PWC). Vorlage ist ein Modell, das die "Financial Times" in Großbritannien für ihre Crossmedia-Vermarktung benutzt.
Die Nutzung kostenloser Angebote gegenüber der für bezahlte Inhalte wird dabei jedoch nicht unterschieden. Bayer ist sich klar, dass das vorgelegte Zahlenwerk für die "Welt" nicht die Vorlage für einen Branchenstandard sein kann. Er sagt: "Wir wissen, dass wir den Stein der Weisen noch nicht gefunden haben, wollen aber mit den derzeit validesten Daten im Markt in der aktuellen Debatte einen Impuls setzen." Dem Marketing der "Welt" verleiht der Springer-Vorstand damit allemal Schwung. Das ist nötig, weil die "Welt" trotz der Auflagenstütze durch die kleinere "Welt Kompakt" gedruckt nur noch 135.430 Stück per Abo und Kiosk verkauft, im Internet dagegen wächst.
"Ich verstehe, dass der ein oder andere Verlag unter Druck steht,"sagt deswegen ag.ma-Chef Hans Georg Stolz, in Personalunion Geschäftsführer der Organisation Media-Agenturen im Agenturverband GWA (OMG). Der Vorstoß sei gut, könne aber eine vom Markt akzeptierte Währung nicht ersetzen." Dies könnten zunächst die Auflagenkontrolleure der IVW leisten. Sie kündigen an, noch im Mai über ein Verfahren zu entscheiden, das App- und Online-Verkäufe messen soll. Gelänge dies, wäre es die Währung, die zufällige Gratis-Nutzer von denjenigen unterscheidet, die für Inhalte bezahlen. Dies wirkt sich vermutlich auch auf die Werbewirkung aus. Springer will noch im April mit einer Werbewirkungsstudie kommen, die nachweisen soll, dass Werbung in Print und auf Tablets besser wahrgenommen wird als online.