Und daran ist nicht allein eine Geiz-ist-geil-Mentalität der Onliner schuld, denn wie vor einigen Monaten eine Fittkau & Maaß-Studie belegte, ist die Zahlungsbereitschaft insgesamt für Netzinhalte ganz schön hoch (74 Prozent) - vor allem in Bereichen, in denen die Nutzer längst gelernt haben, dass es kaum etwas umsonst gibt (Musik, Filme und Serien, E-Books).

Im Medienbereich dagegen ist die Gratiskultur über Jahre gewachsen. Tatsächlich weist auch die Bitkom-Umfrage aus: Wer nicht bereit ist, für Nachrichten und ähnliche Inhalte zu bezahlen, führt vor allem die große Menge kostenloser Angebote als Grund seiner mangelnden Ausgabebereitschaft an (73 Prozent). Einem Drittel (32 Prozent) sind die Digitalangebote zu teuer. Dagegen halten nur noch neun Prozent das Bezahlen im Internet für zu kompliziert. Bei einer Bitkom-Befragung im Jahr 2013 waren es noch 32 Prozent, seitdem ist dieser Wert kontinuierlich gesunken.

Ein weiterer Grund für die Kaufzurückhaltung sind also die Abrechnungsmodelle für journalistische Inhalte im Internet. Keine der Varianten auf dem Markt hat sich bislang bei den Verlagen in der Breite durchgesetzt. Eine repräsentative Umfrage unter Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern von 148 Medienunternehmen im Auftrag des Bitkom belegt das: 41 Prozent der Anbieter journalistischer Inhalte geben an, dass sie Abrechnungsmodelle für journalistischen Content haben. 31 Prozent setzen auf das Freemium-Modell, bei dem nur als besonders hochwertig eingestufte Inhalte bezahlt werden müssen. 15 Prozent haben eine Bezahlschranke (Paywall) für alle Inhalte eingeführt. 7 Prozent nutzen ein Kontingentmodell, bei dem die kostenlose Nutzung mengen- oder zeitmäßig beschränkt ist.

Obendrauf kommt noch das Zahle-gar-nichts-Modell: 59 Prozent der Medienentscheider sagen, dass sie sämtliche Inhalte kostenlos anbieten. Und das, obwohl fast die Hälfte (49 Prozent) der befragten Medienunternehmen damit rechnet, dass die Bedeutung digitaler Verkaufserlöse künftig steigen oder sogar stark steigen wird. Die sollen dann wohl in Form von Spenden kommen: 46 Prozent der Medienmanager erwarten, dass Crowdfunding immer wichtiger wird. Immerhin: 77 Prozent setzen auf die zunehmende Bedeutung digitaler Werbung als Erlösquelle. Onlinewerbung war zuletzt allerdings unter Druck, die Preise sanken.
Geld muss auf jeden Fall irgendwoher kommen. Bitkom-Mann Berg findet: auch von den Lesern: "Einnahmen aus dem Verkauf digitaler Inhalte sind notwendig, um die aufwendige Produktion journalistischer Inhalte für Print- und Online-Medien finanzieren zu können", sagte Berg.

Anderfalls drohe das aus: Da die Digitalisierung laufendes Anpassen der Angebote und neue Produkte fordere, würden unwirtschaftliche Produkte früher oder später verschwinden, so schätzt es der Digitalverband ein. Sogar die befragten Medienfachleute selbst sind skeptisch: Sie gehen davon aus, dass Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Zeitschriften weiter an Bedeutung verlieren werden. 

Und die lässt sich vermutlich nicht zurückgewinnen, indem der Roboterjournalismus einzieht. Auch wenn der Kosten spart. Kommen wird er aber wohl. Nach Einschätzung der befragten Medienmanager werden in zehn Jahren journalistische Texte automatisch von Algorithmen erstellt (das sagen 40 Prozent). Bei einfachen Texten geschieht das schon heute  (Börsenberichte, Verkehrs- und Wettermeldungen).

Digitaler berg sieht das mti Sorge: "Intelligente Software kann Journalisten von eintönigen Routinetätigkeiten entlasten, ihn aber nicht ersetzen. Fundierte Analysen, investigative Recherchen oder meinungsstarke Kommentare werden auch in Zukunft Markenzeichen von Qualitätsjournalismus sein." Die positive Seite der Digitalisierung: zusätzliche Möglichkeiten der Recherche.

Und spannende Kanäle: "Onlinemedien, Videostreaming-Dienste und Internetradio werden in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen", sagte Berg. Damit könnte die Abhängigkeit vor allem von Internetkonzernen wie Google und Facebook steigen: Bei den Onlinemedien gehen 71 Prozent der Befragten davon aus, dass Suchmaschinen für die Verbreitung journalistischer Angebote noch wichtiger werden, als sie es heute bereits sind. 70 Prozent erwarten einen Bedeutungszuwachs für Videoplattformen wie Youtube. 61 Prozent sehen Messenger wie Whatsapp im Kommen, 53 Prozent Kurznachrichtendienste wie Twitter und 49 Prozent soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing. "Die Verlage spielen journalistische Inhalte verstärkt dort aus, wo sie konsumiert werden – auf den stärksten Onlineplattformen", sagte Berg.

Auf den Trend zur mobilen Nachrichtennutzung haben die Anbieter journalistischer Inhalte ebenfalls reagiert. 92 Prozent der befragten Medienunternehmen haben eine mobile Website, bei der sich die Inhalte an unterschiedliche Bildschirmgrößen anpassen (responsive). Zwei Drittel (67 Prozent) haben eine oder mehrere Smartphone-Apps im Angebot und gut die Hälfte (55 Prozent) eine Tablet-App. Ein Viertel (25 Prozent) bietet ein digitales E-Paper an, bei dem meist die Zeitung als PDF-Datei zur Verfügung gestellt wird.

Grundlage der Angaben sind zwei Umfragen, die Bitkom Research durchgeführt hat. Dabei wurden 148 Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von Unternehmen der Medienbranche (Verlage, TV, Hörfunk) ab 20 Mitarbeitern befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für diesen Wirtschaftszweig. Zudem wurden 1.023 Internetnutzer ab 14 Jahren befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Frage zu Ausgaben für Onlineinhalte lautete: "Haben Sie in den letzten zwölf Monaten für Nachrichten bzw. journalistische Inhalte im Internet Geld bezahlt?"


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.