Relaunch:
So will der Bauer Verlag die "Bravo" retten
Jahrzehntelang war die "Bravo" Aufklärer und Trendsetter der deutschen Jugend. Doch das Magazin leidet seit Jahren unter Auflagenschwund. Nun läutet der Bauer Verlag weitere Änderungen ein - und will stärker auf die Präsenz im Internet setzen: Als "Social Magazine".
Kleine Änderungen im Heft, großer Umbau bei der Internetseite: Der Bauer Verlag hat am Mittwoch in Hamburg die Neuausrichtung des Jugendmagazins "Bravo"präsentiert. Weniger Stars und mehr Beratung, das soll die Marke wieder nach vorne bringen. Das Jugendmagazin will sich stärker auf Inhalte konzentrieren, die die jungen Leser im wirklichen Leben angehen. Künftig würde das Heft den Jugendlichen mehr Orientierung bei "lebensnahen Themen" bieten, sagte der Verlagsgeschäftsführer der Bauer München Redaktions KG, Marc de Laporte. Dabei ginge es in größerem Umfang um aktuelle Trends, Gesprächsstoffe, Musik, sowie emotionale und sexuelle Themen.
Der Bauer Verlag legt zudem einen größeren Fokus auf seine digitale Präsenz: Für die kommenden Wochen sei ein kompletter Relaunch der Internetseite Bravo.de geplant, sagte der Director Digital bei "Bravo", Steffen Schmid. Die Entwicklung der Seite habe rund acht Monate gedauert. Innerhalb eines Jahres habe sich bereits bei der jetzigen Version die Zahl der Seitenbesuche um 130 Prozent auf knapp acht Millionen Visits gesteigert, sagte Schmid.
Zudem wurden weitere Neuigkeiten für die Dr.Sommer-Rubrik vorgestellt. Hintergrund ist die Kündigung der langjährigen Leiterin des Aufklärer-Teams, Jutta Stiehler. Bereits im vergangenen Jahr hatte Bauer die Konzeption seines Printmagazins überarbeitet und neue Star- und Technik-Formate verkündet.
"Stars erwischt" setzt seitdem wie klassische People-Magazine auf Paparazzi-Fotos oder Bilder von Star-Inszenierungen im Netz. Die Kategorie "Hot or Not" beleuchtet die neuesten Trends in Musik, Kino, Styling oder Lifestyle. Zudem will sich das Magazin künftig verstärkt dem Thema Apps und Technik widmen.
Die Auflage des Jugendmagazins befindet sich seit Jahren im Sinkflug: Noch in den Siebzigern wurde die "Bravo" fast zwei Millionen Mal verkauft. Seit Ende der 1990er ist die Auflage des Blattes um fast 90 Prozent geschrumpft - aktuell liegt sie nach Angaben des Verbands Deutscher Zeitungsverleger (VDZ) unter 150.000.
Die "Bravo" steht wie andere Jugendmagazin nach Sicht von Experten vor allem wegen der Konkurrenz attraktiver Internet-Angebote unter Druck: Über Sex tauschen sich Jugendliche hauptsächlich in Foren oder sozialen Netzwerken aus, nach Stars suchen sie mit Suchmaschinen und klären sich in speziellen Youtube-Kanälen auf.
Die "Bravo" war erstmals 1956 erschienen, seit 1968 gibt es sie wöchentlich. Ein Jahr später stieß mit dem Psychotherapeuten Martin Goldstein der erste "Dr. Sommer" zum Heft - und sorgte wenig später für Aufregung: Zweimal schaffte es das Magazin 1972 wegen seiner Sexratgeber-Seite auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. "Die Geschlechtsreife allein berechtigt noch nicht zur Inbetriebnahme der Geschlechtsorgane", befanden damals die staatlichen Sittenwächter.
PS: Häufige Fragen an Dr. Sommer und Eindrücke aus vier Jahrzehnten Aufklärung gibt es hier.