Trendforscher Wippermann: Print ist nicht tot, muss sich aber neu orientieren
Auf dem 3. Zukunftsforum Zeitschriften legt Trendforscher Peter Wippermann Verlagen nahe, sich neu zu erfinden - entweder mithilfe mobiler Verbreitungswege oder über eine andere Qualität der Produkte. Er findet namhafte Unterstützer...
"Sie sind keine Drucker, sie sind Verleger", mahnt Peter Wippermann, Geschäftsführer Trendbüro das Publikum beim 3. Zukunftsforum Zeitschriften der Akademie des Deutschen Buchhandels in München. Das Thema der Veranstaltung lautet "Leuchturm oder Schlusslicht? Zeitschriften am Scheideweg in der digitalen Medienwelt". Damit gibt der Trendforscher klar die Richtung der Konferenz vor: Print ist nicht tot, muss sich aber neu orientieren. Denn das Wachstumspotenzial liegt in digitalen Medien, Print stagniert, wie Ehrhardt F. Heinold, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Heinold, Spiller & Partner in seiner Keynote betont.
Für Wippermann folgt daraus die Kernthese: In Zukunft den Content neu zu denken und sich vom Trägermedium Papier zu lösen. In Zukunft haben zwei Zeitschriftenmodelle Bestand: Zum einen müssen die Zeitschriften, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten, interaktiv und persönlich sein. Beispielhaft ist hier der britische Titel "idiomag", ein personalisiertes Online-Musikmagazin, bei dem selbst die Anzeigen auf den User zugeschnitten sind oder das von Facebook personalisierte Flipboard. Schließlich sei der Mensch der biologische Filter im Datenbereich. Eine entsprechende Rolle kommt deshalb Social Media, aber auch digitalen Vertriebswegen zu. Das iPad wird dabei, anders als der Kindle Fire, eher für mobiles TV als zum Lesen genutzt. Die Konkurrenz im Medienbereich sei also technisch und nicht inhaltlich, so die These.
Trotzdem bestehen zum anderen künftig auch Printtitel, die Leser ansprechen, die den Strukturwandel nicht mitmachen. So das Erfolgsmagazin "Landlust", oder auch niedrig auflagige Nischentitel, wie das "Philosophie Magazin" oder das "Missy Magazin". Demnach werden Printtitel künftig wertiger, im Vertrieb und in der Gestaltung. "Obwohl früher die Kutscher über die Einführung der motorisierten Taxis schimpften, sind die Pferde nicht aus der Mode gekommen. Vielmehr gibt es heute mehr Pferde als vor dem Ersten Weltkrieg, sie werden nur anders genutzt", so Wippermanns abschließende Metapher.
Auch Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs bei Axel Springer appelliert in seinem Vortrag an die journalistische Qualität. Redigieren und Kuratieren seien die Kernkompetenzen der Zeitschriftenmarken in der vernetzten Gesellschaft. Das heißt Inhalte auswählen und sich aber auch für Inhalte anderer öffnen. Nämlich Blogger oder Social Media integrieren, wie es Axel Springer mit Stylebook.de praktiziert. Das rechtfertigt auch Bezahlmodelle, ist der Springer-Mann überzeugt: Offene Inhalte hätten den "Vertigo-Effekt", der Fall ins Unendliche der Datenwelt. Der Leser ist überfordert und verweilt nur kurz. 2020 werden aber Gratis-und Bezahlinhalte nebeneinander stehen, so Keese. Der kostenlose Markt sei Suchmaschinen-optimiert, sehr fragmentiert und habe nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, während der kostenpflichtige Markt redaktionell ausgerichtet ist und intensiv, wiederholt genutzt wird. Bisher fehlt allerdings noch ein einheitliches Bezahlsystem, das mit einem Click funktioniert und Inhalte verlagsübergreifend anbietet. "Die Leute gehen gerne shoppen, wir müssen es für sie nur einfach und erreichbar machen", glaubt Keese. Einen ersten Schritt in die Richtung unternimmt Springer aktuell mit seiner App iKiosk, die bisher nur PDFs eigener Publikationen anbietet, sich möglicherweise aber auch für andere Verlage öffnet, sagt Keese gegenüber W&V.