Hier stimmt Wolff auch die Klage gegen den "unfairen Wettbewerb" an. Und äußert sich zum möglichen Ausgang des Kartellverfahrens der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage gegen Google optimistisch. Die Verlage rechneten damit, dass die nationalen und europäischen Kartellbehörden die wettbewerbswidrigen Aktivitäten von Google stoppen, so Wolff. Die Verlage forderten von Google ein faires Ranking der Suchergebnisse ("fair search") und einen angemessenen Teil an den Einnahmen, die Google mit Hilfe der von den Verlagen produzierten Inhalte erzielt ("fair share"). Das Verfahren zu "fair search" liegt bei der EU-Kommission, das zu "fair share" beim Bundeskartellamt. Der BDZV habe sich gemeinsam mit dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) an die Kartellbehörden gewandt, weil Google auf den Suchergebnisseiten seine eigenen Websites höher bewerte als diejenigen von Verlagen, begründet der BDZV-Mann das Vorgehen. Zudem weigere sich Google, den Verlagen für die Nutzung von deren Inhalten eine angemessene Vergütung zu zahlen.

Wolff macht deutlich, dass "der Quasi-Monopolist Google" sich von einer reinen Suchmaschine längst zum Anbieter digitaler Inhalte aller Art und damit zu einem starken Wettbewerber etablierter Medien entwickelt habe. "Google ist zu einem der größten Medienunternehmen der Welt avanciert und kann sich - anders als jeder Zeitungsverlag - unkontrolliert im Markt bewegen", so Dietmar Wolff. Gleiches gelte im Übrigen auch für andere digitale Großunternehmen. Angesichts einer solchen Entwicklung und der ungebremsten Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei der Gesetzgeber in Bund und Ländern dringend gefordert, die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung des Medienmarkts in Deutschland zu justieren und gegebenenfalls neu zu definieren. "Es geht um die künftige Architektur des Mediensystems, in dem die Zeitungsverlage sich als wirtschaftlich und publizistisch erfolgreiche Unternehmen weiterentwickeln können."

Dass die Auflagen der gedruckten Zeitungen zurückgingen, sei jenseits der demografischen Entwicklung "Teil des Transformationsprozesses", in dem sich die Zeitungshäuser befänden. Denn gleichzeitig verzeichneten die digitalen Angebote der Verlage ein immer größeres Publikum. Der BDZV-Chef nennt Zahlen: Zu den 73 Prozent der über 14-Jährigen, die regelmäßig die gedruckte Zeitung lesen, kämen 52 Prozent der Internet-Nutzer (26 Millionen), die als so genannte Unique User die Websites der Zeitungen besuchen. "In der Summe erreichen viele Zeitungen gedruckt plus online plus mobil heute mehr Menschen als je zuvor", so Wolff. Doch er rügt auch seine Mitglieder: Noch immer seien im digitalen Markt die Geschäftsmodelle zu wenig entwickelt, um das erfreuliche Wachstum der Reichweiten zu Geld zu machen. Die "Gratiskultur im Internet" und die anhaltend "inflationäre Preisentwicklung bei der Online-Werbung" stellten äußerst schwierige Bedingungen dar.

Gleichwohl setzten die meisten Verlage künftig auf Bezahlinhalte im Netz, so Wolff weiter. Dies belegten die vielen zum Teil unterschiedlichen Ansätze von Zeitungen, Bezahlmodelle zu etablieren. "Bei den digitalen Vertriebsmodellen sind wir erst am Anfang", so Wolff. Es stehe fest, dass angesichts der Entwicklungen im Werbemarkt der Verkauf der Verlagsprodukte - unabhängig ob gedruckt, online oder mobil - immer wichtiger werde. Dass die Nutzer bereit seien, auch für digitale Qualitätsprodukte zu bezahlen, zeige sich beim Verkauf von Apps für Smartphones und Tablet-PCs. Bisher hätten Verlage bereits rund 40 App-Angebote für das iPad und mehr als 60 Apps für Smartphones entwickelt. Die meisten davon seien kostenpflichtig. Viele weitere Apps, die im Markt gegen Entgelt angeboten werden sollten, seien geplant.

Wolff wiederholt seine Kritik an der öffentlich-rechtlichen Vorgehensweise: Vor diesem Hintergrund seien gebührenfinanzierte Gratis-Apps der öffentlich-rechtlichen Anstalten "die Killer für ein digitales Geschäftsmodell der Presse", erklärte Wolff. Er bekräftigt, dass alle im BDZV versammelten Zeitungshäuser die Klage der acht Verlage gegen die ARD und den NDR wegen der "Tagesschau"-App unterstützten. Es sei doch völlig klar, dass die Nutzer nicht für eine gute Verlags-App zahlten, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein ebenfalls gutes journalistisches Produkt umsonst anböte. "Was ARD und NDR da offerieren, ist - vor allem in seiner Textlastigkeit - ein staatlich finanziertes Presseprodukt." Hier werde die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ad absurdum geführt.

Die Zahlen der Branche erklären zum Teil, warum Wolff mit der Konkurrenz aus Internet und TV so hart ins Gericht geht: Das Geschäftsjahr 2010 haben die Zeitungsverlage nur mit einem ganz knappen Umsatzplus von 0,7 Prozent abschließen können. Sie haben im Werbemarkt Verluste (-1,2 Prozent) hinnehmen müssen und einen Werbeumsatz von insgesamt 3,9 Milliarden Euro verbucht. Die Vertriebsumsätze hingegen sind um 2,3 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro gesteigert worden – sie nehmen mittlerweile einen Anteil von 54 Prozent am Gesamtumsatz ein. Die Zeitungsauflagen sind im 4. Quartal 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,35 Prozent zurückgegangen.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.