Kommentar zur Log-in-Allianz:
Woran die neue Daten-Allianz scheitern könnte
Die Idee hinter dem Daten-Bündnis von RTL, ProSiebenSat.1 und United Internet ist richtig. Einem Erfolg stehen aber große Hürden im Weg.
Die deutsche Medienwirtschaft organisiert sich im Wettbewerb mit Google und Co. Vergangene Woche schlossen sich die beiden führenden TV-Konzerne ProSiebenSat.1 und RTL mit dem Online-Provider United Internet zusammen, um ein übergreifendes Registrierungsprogramm für Internetseiten einzuführen. Es ist ein großer und wichtiger Schritt. Die so genannte Log-in-Allianz könnte das Fundament ein gemeinsames Daten-Haus werden, mit die deutsche Digital-Industrie zumindest annähernd auf Augenhöhe mit den großen US-Konzernen käme.
Nur mit Allianzen und Bündnissen können nationale Player - selbst ein europäischer Medienkonzern wie Bertelsmann - im Wettbewerb gegen die GAFA-Giganten bestehen. Bislang wurde darüber meist nur theoretisiert. Jetzt passiert etwas. Und das ist gut so.
Hinter diesem Satz müssen jedoch einige Abers ergänzt werden. Das wichtigste Aber: die Initiative um RTL, ProSiebenSat.1 und UIM ist nicht die einzige ihrer Art. Die Konzerne Daimler, Allianz, Deutsche Bank und Springer haben nur wenige Wochen zuvor ein ganz ähnliches Projekt vorgestellt. Auch sie wollen ein Generalschlüssel-System einführen, mit dem deutsche Online-User sich in möglichst viele Internet-Angebote einloggen können. So liefern sich nun zwei Initiativen, die eigentlich dasselbe wollen, einen Wettlauf. Statt des angestrebten Miteinanders droht wieder das alte Gegeneinander.
Ein anderes Aber hat mit der Positionierung zu tun. Die Alliierten um RTL präsentieren ihr System als transparentere Datenschutz-Alternative gegenüber den amerikanischen Datenkraken. Sie wollen Nutzer umfassend informieren und ihnen die volle Kontrolle über ihre Daten geben. Aber wird das funktionieren? Der Erfolg von Google, Facebook und Amazon spricht eigentlich dagegen. Denn Menschen handeln nicht logisch sondern psychologisch. Sie sind sich völlig im Klaren darüber, dass sie sich und ihre Daten den US-Konzernen ausliefern. Aber sie ziehen daraus keine Konsequenzen.
63 Prozent der Deutschen nutzen laut einer Statista-Befragung gerne Google-Produkte. Aber nur neun Prozent glauben, dass Google dabei ihre Privatsphäre respektiert. Bequemlichkeit ist den meisten Konsumenten wichtiger als Datenschutz. Und es ist nun mal sehr bequem, bei Amazon zu bestellen oder sich mit seinem Facebook-Profil bei anderen Webseiten anzumelden, um sich nicht Dutzende Passwörter merken zu müssen. Stets sein Profil – und sei es auch nur ein einziges – in Sachen Datenschutz und Werbefreigaben auf dem Laufenden zu halten, mag äußerst sinnvoll sein. Es ist aber eher nicht bequem.
Eine ausführliche Analyse und weitere Hintergründe zur Log-in-Allianz lesen Sie in der akutellen Ausgabe von W&V. Mehr zum Thema Big Data in unserem großen Dossier.