Deutsche Verlage setzen auf Apples iPad
Die deutschen Verlagshäuser sehen Apples iPad als große Chance. Vom neuen Wundergerät erhoffen sich viele den Durchbruch für moderne Lesegeräte und Geschäftsmodelle.
Die deutschen Verlage setzen große Hoffnungen in Apples gestern präsentierten Tablet-PC iPad. Bereits seit Monaten arbeiten sämtliche große Verlagshäuser an Applikationen für moderne E-Book-Reader und Tablet-Rechner. Vom neuen Wundergerät aus Kalifornien erwarten viele nun den kommerziellen Durchbruch.
„Das iPad ist ein gutes Produkt zu einem guten Preis, das viele Nutzer begeistern wird“, erklärt ein Sprecher der Axel Springer AG. Der Berliner Verlagskonzern setzt besonders offensiv auf die Durchsetzung von digitalen Bezahlinhalten. Von ihren kostenpflichtigen Miniprogrammen für Apples iPhone verkauften die Springer-Titel „Bild“ und „Welt“ bereits kurz nach dem Start mehr als 100.000 Apps. Springer sieht nun die Einführung des Tafel-PCs als Bestätigung für seine Paid-Content-Strategie. „Das iPad sowie Initiativen anderer Hersteller bestätigen unsere Premiumstrategie, bei der Web und App nebeneinander stehen und für die damit weitere Voraussetzungen geschaffen werden“, so der Sprecher.
"Wir haben das Thema schon vor der gestrigen Pressekonferenz aufmerksam verfolgt und sind mit Apple bereits in Gesprächen", erklärt Daniel Puschmann, stellvertretender Geschäftsleiter der Bauer Digital KG." Für die Hamburger Verlagsgruppe ist der Start des Tablet-PCs ein Grund, das Thema zu forcieren. "Die bisherigen Reader spielen für das Bauer-Produktportfolio mit Zeitschriften und digitalen Medien keine Rolle", erklärt Puschmann". Das iPad aber biete anders als bisherigen Geräte "technische Features, die für unser Medienunternehmen wesentlich attraktiver sind".
Man darf davon ausgehen, dass nicht nur Bauer-Verlagsmanager seit Monaten mit Apple über einen Zugang zum künftigen iPad-Kiosk sprechen. Zu Details halten sie sich noch bedeckt. „Wir reden mit sämtlichen relevanten Anbietern auf diesem Markt“, erklärt ein Burda-Sprecher. „Das Thema E-Reader ist für uns grundsätzlich nicht neu. Wir beschäftigen uns damit intensiv seit einiger Zeit“.
Auch „Spiegel“-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron glaubt, „dass uns das iPad neue und interessante Möglichkeiten eröffnet“. Das Nachrichtenmagazin bereite sich bereits „seit geraumer Zeit darauf vor“. In Sachen Bezahl-Inhaltstrategie will der Verlag laut von Blumencron bei seiner „grundsätzlichen Linie“ bleiben: „Spiegel Online liefert tagesaktuelle Informationen, Analysen und den Debattenstoff für die digitale Welt und bleibt deshalb frei. Für das Magazin bringen die Reader neue Darstellungsformen und Verbreitungschancen.“
Beim Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr beschäftigt man sich ebenfalls intensiv mit dem Thema. Zuständig ist die Vertriebstochter DPV. Die dortigen Programmierer setzen jedoch nicht allein auf das potenzielle Zugpferd iPad. „Wir verfolgen einen verlagsstrategischen Ansatz“, erklärt eine DPV-Sprecherin. Ziel sei ein „ Endgeräte-unabhängiges System“.
Akuter ist das Thema wohl bei den Tageszeitungsverlagen. „Wir prüfen intensiv, wie und wann wir Angebote für das iPad auf den Markt bringen“, sagt ein Sprecher der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Entschieden sei noch nichts. Aber es sei „klar, dass über das Produkt, über die Apple-Kunden und auch im Werbemarkt große Potentiale aktiviert werden können“.
Auch bei der Düsseldorfer Verlagsgruppe Handelsblatt will man „diese Entwicklungen genau beobachten“. Konkrete Gespräche mit Apple gebe es noch nicht, erklärt ein Sprecher, aber „das wird zu gegebener Zeit folgen“. Für konkrete Ankündigungen sei es „noch zu früh“. Anders als andere Verlage sehen die Düsseldorfer das neue Gerät zwischen iPhone und Laptop eher nicht als Möglichkeiten, ihr Print-Produkt auf den Bildschirm zu bringen. „Das iPad ist wohl eher kein E-Book-Reader wie Kindle und andere, sondern ein PC. Die Entwicklung von Tablet PCs mit Browsern sehen wir eher im Zusammenhang mit dem Thema Online-Angebote“, sagt der Sprecher. Das „Handelsblatt“ ist bereits auf dem Amazon-Lesegerät Kindle präsent.
Die WAZ-Gruppe arbeitet seit Monaten an eigenen E-Reader-Inhalten. Gemeinsam mit dem Computerhersteller Medion und E-Plus wollen die Essener sogar einen eigenen E-Book-Reader entwickeln. Für ihre Plattform will der Verlag außerdem weitere regionale Verlagspartner ins Boot holen. Zu Details hält sich die WAZ-Gruppe jedoch noch bedeckt.
Mit der neuen Generation von Lesegeräten verknüpfen Verlage weltweit große Erwartungen. Mit Readern à la iPad hoffen Sie, verlorenes Terrain zurückzuerobern. Print-Manager sehen in den tragbaren Touch-PCs die Chance, wieder die gesamte Wertschöpfungskette des Verlagsgeschäfts zu kontrollieren und vor allem Bezahl-Inhalte zu etablieren.