Facebook News war vor einem Jahr in den USA gestartet und wurde zuletzt auch in Großbritannien eingeführt.

Wandel in der Strategie

Die Strategie von Facebook im Umgang mit Medieninhalten hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder stark geändert. Zunächst wurde das Online-Netzwerk zu einer immer wichtigeren Plattform für Medienunternehmen, um Nutzer zu erreichen. Doch dann wurde Facebook im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016 für die massenhafte Verbreitung gefälschter Nachrichten missbraucht - das Unternehmen setzte neue Prioritäten. Anfang 2018 kündigte Firmengründer Mark Zuckerberg an, Beiträge von Familie und Freunden sollen im Newsfeed - das ist die fortlaufende Anzeige von Postings im Bereich des individuellen Nutzers - mehr Gewicht als Medieninhalte erhalten. Dadurch versiegten bei vielen Medienunternehmen die Trafficströme aus Facebook, die zuvor mühsam aufgebaut worden waren.

Diese Verlage sind dabei

Unter den ersten Partnern sind Die Zeit, Der Spiegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Funke Mediengruppe, Gruner + Jahr, Handelsblatt Media Group, Ippen Digital und Tagesspiegel. Dazu kommen lokale Medien wie etwa Rheinische Post, Mediengruppe Oberfranken, DDV Mediengruppe, und die Verlagsgruppe Passau. Eingebunden sind außerdem Conde Nast, The Marquard Media Group, Sport1 Medien, Motor Presse Stuttgart, Res Publica Verlag, Heise Medien und Spektrum Verlag. Verlinkt sind etwa die Inhalte von taz, Spiegel Online, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Münchner Merkur, Thüringer Allgemeine und Hamburger Morgenpost bis hin zu Nürnberger Nachrichten, oder auch Sportmedien wie Kicker, 11 Freunde und Sport 1. Das breite Angebot an Nachrichten und lokalen Marken wird ergänzt durch Lifestyle-Plattformen wie Glamour oder Vogue und Special-Interest-Angeboten wie C'T und Monopol.

Die Präsentation in der News-Rubrik lohnt sich, so die Erfahrungen aus den USA, die mehr als ein Jahr Vorlauf zu Deutschland haben. Etwa 95 Prozent des Traffics ist zusätzliche Reichweite für die Contentlieferanten. Häufig werden Leser:innen erreicht, die der Medienmarke bislang noch nicht gefolgt sind. Mit Facebook News gelinge es also, "den Kuchen zu vergrößern", macht Doub den Medienhäusern die Kooperation schmackhaft.

Denn auch die Monetarisierung liegt ganz in ihrer Hand. Die User:innen bleiben nicht im Facebook-Kosmos, sondern werden über Links zu den Verlagsseiten weitergeleitet. Links können sowohl zu freien als auch zu Artikeln hinter einer Paywall gesetzt sein. Wie stark Medienhäuser von Facebook profitieren, zeigt der News Page Index.  Im Jahr 2020 gingen allein über den Newsfeed weltweit rund 188 Milliarden Klicks an Nachrichtenverlage. Facebook schätzt den Wert dieses Traffics für Verlage auf etwa 8,6 Milliarden US-Dollar.

Geld fließt auch von Facebook an die Verlage. "Wir werden Verlage und Medien dafür bezahlen, die von ihnen bereits auf unserer Plattform veröffentlichten Nachrichten um zusätzliche Inhalte zu ergänzen." Seit 2018 hat Facebook 600 Millionen US-Dollar in die Nachrichtenbranche investiert und plant weitere Investitionen von mindestens 1 Milliarde US-Dollar im Laufe der nächsten drei Jahre. Doub: "Facebook News in Deutschland ist ein Teil davon." Wie hoch die Vergütung für einzelne Verlage genau ausfällt, behielt Doub allerdings für sich.

Zitate aus den Medienhäusern

Arne Wolter, Chief Digital Officer, Gruner + Jahr sagt:

"Für Gruner + Jahr ist es wichtig, mit seinen journalistischen Angeboten dort zu sein, wo die Leserinnen und Leser sind. Mit dem News-Bereich schafft Facebook nun ein neues Format für Nachrichten. Wir nehmen hier teil, um noch mehr Menschen mit unseren Marken in Kontakt zu bringen und sie mittelfristig zu Stammnutz*innern und schließlich Abonnent*innen zu machen."

Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin, Nordwest-Zeitung sagt: "Wir als regionales Medienhaus finden es sehr spannend an diesem neuen Projekt in einer so frühen Phase mitzuwirken. Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit Facebook und halten das für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung."

Stefan Ottlitz, Geschäftsführer SPIEGEL-Verlag sagt: "Wir freuen uns, in enger Partnerschaft mit Plattformen wie Facebook neue Wege auszutesten, um Leser:innen für Qualitätsjournalismus zu erreichen. Wir wollen herausfinden, wie wir gerade angesichts des Erfolgs unserer Abomodelle neue Interessierte für unsere Marken begeistern können — aber auch bestehende Abonnent:innen besser halten können, indem wir sie auf neuen Kanälen erreichen." 

Farhad Khalil, Managing Director und Chief-Digital-Officer, Tagesspiegel sagt: "Der Tagesspiegel ist eine der führenden nationalen Nachrichtenportale mit Sitz in der deutschen Hauptstadt Berlin. Millionen von Lesern in Deutschland vertrauen unserem Journalismus. Wir freuen uns darauf, Teil von Facebook News zu sein und hochwertige Inhalte zu liefern, um neue Leser zu erreichen und sie einzubinden."

Falko Ossmann, CDO, Heise Medien sagt: Unsere Marken sind im IT-Journalismus in ihrer Unabhängigkeit und fachlichen Tiefe einzigartig. Wir sind sehr gespannt, wie diese Inhalte bei Facebook News genutzt werden. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Facebook neue Zielgruppen zu erschließen, um sie auch für unsere Premium-Produkte wie heise+, heise Security Pro und die heise Academy zu begeistern." 

Aline Lüllmann, Geschäftsführerin taz Verlags und Vertriebs GmbH sagt: "Wir sind immer daran interessiert, die Verwertungsformen unserer bereits erschienenen Artikel auszuweiten, deswegen verkaufen wir gerne Nachdruck- und Nutzungsrechte an Plattformen, Datenbanken und Archive. Außerdem ist uns daran gelegen, unsere journalistischen Beiträge leicht auffindbar und zugänglich zu machen. Facebook ist dabei schon lange einer der zentralen Kanäle, um unsere Leser*innen zu erreichen. Dass Facebook Nachrichten in einem eigenen Kanal bündelt und den Verlagen Geld für ihre Inhalte gibt, passt insofern in unsere Vermarktungsstrategie."

Skepsis bei Axel Springer

Der Medienkonzern Axel Springer ("Bild", "Welt") erklärte auf dpa-Anfrage, er werde in Deutschland zum Start von Facebook News nicht mit journalistischen Inhalten seiner Marken vertreten sein. "Wir halten die Versuche einiger Plattformen für problematisch, einerseits selbst zu Nachrichten-Medien zu werden und andererseits einige zuliefernde Verlage mit unangemessen niedrigen Vergütungen abzuspeisen. Wir setzen auf ein europäisches Copyright, das transparent alle Verlage an einer angemessenen Vergütung teilhaben lässt", erläuterte ein Unternehmenssprecher.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) begrüßte "ganz grundsätzlich" die Tatsache, dass Facebook offensichtlich erkannt habe, dass Reichweitenzuwächse keine angemessene Währung für die Verwendung von Inhalten Dritter seien. "Zur Refinanzierung muss auch Geld fließen." Dies dürfe dann "allerdings keine einsame und jederzeit rückholbare Entscheidung nach Gutsherrenart sein, sondern muss auf wirksamen und effektiv durchsetzbaren Rechten beruhen".

Auch das Accelerator Programm geht weiter

Gleichzeitig kündigte Facebook an, dass ab März 2021 eine neue Runde des Accelerator-Programms eingeläutet ist. Hier erfahren mehr als 18 teilnehmende deutschsprachige Verlage, wie sie mit Lesern erfolgreich Umsätze generieren können. Für dieses Programm holt Facebook  Branchenexperten zusammen, bietet Tools und Ressourcen an und führt Schulungen speziell zu den Themen Entwicklung digitaler Zielgruppen, Branding und Abonnement-Marketing durch. Die Teilnehmer durchlaufen einen auf ihre Geschäftsbedürfnisse zugeschnittenen Lehrplan, der von internationalen Experten unter der Leitung von Tim Griggs, Executive Director des Facebook Accelerators, zusammengestellt wird.

am/mit dpa


Annette Mattgey, Redakteurin
Autor: Annette Mattgey

Seit 2000 im Verlag, ist Annette Mattgey (fast) nichts fremd aus der Marketing- und Online-Ecke. Als Head of Current Content sorgt sie für aktuelle Geschichten, Kommentare und Kampagnen auf wuv.de. Außerdem verantwortet sie das Themengebiet People & Skills.