Betriebsrat für Kreative: So läuft es bei BBDO
Renate Rassmann-Grimm hat schon viele Agenturchefs kommen und gehen sehen. Seit den 80ern ist sie Mitglied im BBDO-Betriebsrat, seit 2004 dessen Vorsitzende. W&V Online hat mit ihr über das Reizthema Betriebsratsarbeit in Agenturen gesprochen.
Betriebsräte in Agenturen? Gibt's das überhaupt? Für viele Werber ist es eine komische Vorstellung, für manchen Agenturchef ein Reizthema. Dabei sind organisierte Mitarbeitervertretungen auch in der Kreativbranche gang und gäbe. Bei BBDO, Ogilvy und Grey gibt es schon lange Betriebsräte. Die Agentur Scholz & Friends, die inzwischen zur WPP-Gruppe gehört, bekommt in Kürze auch einen. Bei inhabergeführten Häusern wie Jung von Matt oder Serviceplan gibt es dagegen keine Arbeitnehmervertretung. Betriebsverfassungsgesetz und Werbeagenturen - viele in der Branche halten das nach wie vor für wenig kompatibel. Aber haben sie tatsächlich recht? Renate Rassmann-Grimm, seit 2004 Betriebsratsvorsitzende bei BBDO und von ihrer Arbeit als Art Director freigestellt, sieht das naturgemäß völlig anders. W&V Online hat mit ihr darüber gesprochen.
Betriebsratskultur und Betriebsverfassungsgesetz auf der einen Seite, die Welt der Kreativen auf der anderen – verträgt sich das überhaupt?
Das geht sehr gut zusammen. Bei BBDO praktizieren wir das erfolgreich seit 1974. Laut Betriebsverfassungsgesetz sind Geschäftsführung und Betriebsrat zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet - zum Wohl sowohl des Unternehmens als auch der Mitarbeiter. Hier bei uns klappt das hervorragend und wir können auf schöne Erfolge verweisen.
Als da wären?
Viele Errungenschaften im sozialen Bereich: dazu gehören unsere flexiblen Teilzeit-Arbeitsmodelle, der Familienservice, der die Kinderbetreuung aber auch das immer wichtiger werdende Thema "Elder Care" umfasst, Sportangebote für die Mitarbeiter und letztlich individuelle Unterstützungsmaßnahmen einzelner Mitarbeiter. Das Thema Work-Life-Balance ist gerade für Agenturbeschäftigte besonders wichtig.
Vor Wettbewerbspräsentationen heißt es für die Kreativen regelmäßig: Überstunden schieben ohne Ende. Wie bekommen Sie das bei BBDO in den Griff?
Mit einem Freizeitausgleich für die Beschäftigten. Überstunden waren und sind natürlich immer ein Thema. Ausbezahlt werden die Überstunden bei uns aber nicht. Uns geht es da vor allem um die Gesundheit der Mitarbeiter. Deshalb legen wir eher großen Wert auf den Freizeitausgleich. Natürlich gelingt es auch bei uns nicht immer, alles zur hundertprozentigen Zufriedenheit zu lösen.
Das Image der Agenturen als Arbeitgeber ist – gelinde gesagt – nicht das allerbeste. Was müsste sich tun, damit das anders wird?
Was das Image der Branche betrifft, so mag das hier und da zwar so sein. Aber ich finde, wir sind auf einem sehr guten Weg, die Dinge zu verbessern. Und wir bei BBDO sind dabei mit Sicherheit weiter als viele andere in der Branche.
Braucht es mehr Betriebsräte in den Agenturen?
Ich würde jedenfalls jeden dazu ermuntern, einen zu gründen. Ein Betriebsrat hilft dabei, Interessen der Mitarbeiter zu bündeln und auf den Tisch zu legen, um dann im Miteinander mit der Geschäftsführung gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Die Agentur und ihre Mitarbeiter haben ja schließlich ein gemeinsames Ziel.
Tauschen Sie sich eigentlich mit Betriebsräten anderer Agenturen aus?
Eigentlich kaum. Wir stehen zwar in enger Verbindung mit den Betriebsräten anderer BBDO-Töchter, wie beispielsweise der Interone. Aber wir sind vor allem themengetrieben, und da suchen wir auch den Schulterschluss mit anderen Branchen – etwa mit Gleichstellungsbeauftragten großer Wirtschaftsunternehmen. Hier kann man immer voneinander lernen.
Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Geschäftsführung um Frank Lotze beschreiben?
Wir können uns wirklich nicht beklagen. Wir sind zwar nicht immer einer Meinung, aber das gehört dazu. Wir führen offene Gespräche, wir leben einen verlässlichen und respektvollen Umgang und suchen den regelmäßigen Austausch. Dies gilt natürlich auch für Kreativchef Wolfgang Schneider. Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung der BBDO Germany ist stark konsensorientiert und sehr konstruktiv in der Sache.
Der Betriebsrat bei BBDO zählt neun Mitglieder. Sind Kreative und Berater in etwa gleich stark vertreten?
Derzeit haben wir im Betriebsrat mehr Kreative als Berater.
Interview: Markus Weber