Ein ganz ähnlich gelagerter Fall ist die Geschichte der Eigenmarke Review aus dem Hause Peek & Cloppenburg. Bei diesem Case wird uns zwar nicht die Story vom Pferd erzählt, aber - kaum besser - die des Hundes Domenico, dem angeblichen Karl Lagerfeld unter den Vierbeinern. In "The True Story of Review" erfahren wir, wie dieses Tier die Welt der Haute Couture angeblich für immer verändert hat. Auch dies: Ein klarer Fall von Gaga-Storytelling in seiner reinsten Form. Wie bei Alpenhain besteht auch hier die Gefahr, dass sich der Konsument nicht ernst genommen fühlt. Das ist ein blödes Gefühl.

In meinen Augen liegt diesen beiden Cases ein ganz zentrales Missverständnis zugrunde. Gute Storys wollen nämlich ausgegraben und entdeckt, und nicht - Aufmerksamkeit heischend und bloß weil sonst nichts da ist - frei erfunden werden. "Truth Well Told" lautet nicht umsonst der Leitsatz der altehrwürdigen Werbeagentur McCann Erickson, die dieses schöne Motto schon seit über 100 Jahren vor sich herträgt.

Wenn Geschichten rund um eine Marke tatsächlich haften bleiben sollen in den Köpfen, dann müssen sie zwingend irgendeine Wahrheit beinhalten. Nur dann haben sie das Potenzial, eine Marke nach vorne zu bringen. So, wie dies den Bayern-Fans der "Schickeria"-Fangruppe mit der Geschichte rund um den ehemaligen FC-Bayern-Präsidenten Kurt Landauer gelungen ist. Einem Mann, der über ein halbes Jahrhundert hinweg vollständig in Vergessenheit geraten war, und nun die Premium-Marke FC Bayern (bislang bloß der "FC Hollywood") plötzlich um etliche, sehr interessante Facetten bereichert.

Wer hätte das gedacht? - Werber und Marketingprofis können tatsächlich selbst von den "Ultras" noch etwas Entscheidendes lernen. Nämlich: Mehr Substanz bitte - und dafür ein bisschen weniger Gaga.


Autor: Markus Weber

Markus Weber ist seit 20 Jahren Mitglied der W&V-Redaktion. Als Nachrichtenchef ist er für die aktuellen Themen auf wuv.de zuständig. Darüber hinaus ist er innerhalb der Redaktion der Themenverantwortliche für "CRM & Data". Aufgewachsen ist Markus auf einem Bauernhof im Württembergischen Allgäu. Mit fünf Geschwistern.