Kommentar zum Opel-Pitch:
Imageschaden
Neid, Missgunst, Intrige, Lüge: Manche Agentur-Manager kämpfen mit allen Mitteln, um die Konkurrenz niederzumachen. Wer soll in so einer Branche arbeiten wollen? Jochen Kalka über die Kollateralschäden des Opel-Pitchs.
Neid und Missgunst für 99 Mark. Das dichtete einst Springer & Jacoby für den Kunden Sixt, bevor Jean-Remy von Matt seine eigene Agentur Jung von Matt 1991 gründete. Neid und Missgunst ist auch das, was unsere Branche bewegt. Damals wie heute. Vielleicht sogar heute mehr als damals. Denn vor einer Sixt-Kampagne, einer Mercedes-Ohrfeige (Spot aus der Feder von Gepa Hinrichsen, André Kemper und Kurt Georg Dieckert), einer Benetton-Provokation hatten Kollegen Respekt. Kreative achteten sich, über Agenturgrenzen hinweg, die Branche gab sich nicht nur cool, sie war cool, wer wollte hier nicht arbeiten.
Heute leidet die Agenturszene unter akuten Nachwuchsproblemen. Weil die Branche einen Imageschaden hat. Wo Neid und Missgunst herrschen, will niemand arbeiten. Und das ist schade.
Warum aber ist das so? Nehmen wir zum Beispiel den aktuellen Opel-Pitch: Die Fachmedien recherchierten bei den direkten Pitchteilnehmern Jung von Matt, Heimat und Etathalter Scholz & Friends. Um es vorweg zu nehmen: Alle drei Kandidaten haben sich in ihrer Kommunikation sehr professionell verhalten. Jung von Matt etwa hat W&V (aktuelle Printausgabe) gegenüber klar geäußert, dass es wohl eine Intrige sei, dass man JvM schaden wolle. Die anderen beiden Pitchgewinner verhielten sich ihrem Kunden gegenüber integer.
Aber da gab es Kräfte, die ganz gezielt falsche Fährten gelegt haben. Agenturchefs von anderen Agenturen, leitende Mitarbeiter von mitpitchenden Agenturen, die uns angelogen haben. Und die wohl auch Dienste wie "New Business", "Meedia" oder "Horizont" angelogen haben. Skrupellos. Die mit Wissen geprotzt haben, die gar ihren eigenen Agenturen oder auch anderen schaden wollten. Die eine Freude am Feuerlegen haben. Gerüchtepyromane sind das.
Damit werden Menschen in Agenturen verunsichert. Manche kriegen Angst, manche Panik. Da wird mit Gefühlen von Menschen gespielt. Und wir Fachmedien müssen immens aufpassen, mehr denn je, dass nicht mit uns gespielt wird. Was im Falle von Opel leider auch phasenweise der Fall war. Dass Scholz & Friends den Etat gewinnen würde, hatten wir vorab vermeldet. Dass es eine zweite Agentur würde, auch, aber dass es nicht JvM würde, war nicht korrekt.
Das tut uns leid. Das ärgert uns. Auch wenn wir es nicht faktiziert hatten, sondern als Option im Konjunktiv geschrieben haben. Wir wurden belogen. Von mehreren Agenturen, wie gesagt, darunter Agenturchefs. Doch wir behandeln Informanten ähnlich wie es Ratingagenturen tun: AAA ist eine vertrauensvolle Quelle, C eine äußerst spekulative. Einige Informanten werden nun auf den Status C herunter gestuft. Schade um eine Branche, die aus Neid und Missgunst regiert wird.
Wir freuen uns für Scholz & Friends und für Heimat. Wir hätten uns aber auch für Jung von Matt gefreut. Denn wir kämpfen gegen das miese Image unserer Branche und hoffen auf einen respektvolleren Umgang miteinander.