Entwickeln sich Mediaagenturen zur Konkurrenz der Kreativagenturen? Inzwischen erstellen sie dank Social-Media und dynamischen Werbemitteln enorme Mengen an Kreationen.

Ich bevorzuge den Begriff Content. Es geht um Inhalte – und es existiert ein bislang nicht gefüllter Bedarf an Inhalten. Insofern müssen sich alle damit auseinandersetzen – von der Kreativagentur über Mediaagenturen, Digitalfirmen und auch Berater sowie natürlich auch Kunden selbst. Wir verspüren hier keinen Wettbewerbsdruck – es herrscht schlicht eine enorme Nachfrage. Über diese steigenden Content-Anforderungen hinaus fokussieren wir uns auf Storytelling. Dieser klassische Begriff bezeichnet etwas, das in Zeiten, in denen wir immer mehr Content produzieren, priorisieren und koordinieren, unglaublich wichtig ist: nämlich das Erzählen einer stimmigen, ganzheitlichen Geschichte, mit der man einen wirklichen Unterschied am Markt macht.

Warum steigt der Bedarf an Inhalten, wie Sie es nennen –Nutzer haben nur ein begrenztes Zeitbudget. Und eine Agentur hat nur begrenzte Kapazitäten, wenn sie am Ende Geld verdienen will.

Ich verfolge hier ein anderen Ansatz: Allein für Programmatic Advertising benötigen wir unendlich viele Inhalte um herausfinden zu können, was an besten wirkt – je nachdem, wer adressiert wird, auf welchem Screen, zu welcher Zeit und in welchem Kontext. Jede Zielgruppe und auch jedes Umfeld erfordert andere Inhalte. Am Ende benötigen Sie 40, 50 oder auch 500 unterschiedliche Varianten. Nur so können wir messen, welche Inhalte und welche Plattformen am besten funktionieren um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Zehnmal hintereinander hatte der Gunn Report OMD zur kreativsten Mediaagentur ausgezeichnet. Ist das gut fürs Ego oder auch für den Umsatz?

Kreativität und Innovation bilden unsere DNA und sind für OMD fundamental wichtig. Spiegelt sich das auch konkret im Umsatz widers? Nun, in jedem Pitch spielt Kreativität eine Rolle. Denn ausgezeichnete Kampagnen beweisen, dass ein Kunde am Ende mehr für sein Geld bekommt. Mit prämierten Kampagnen verkaufen Kunden am Ende mehr Produkte. Daneben helfen uns die Preise auch Talente an Bord zu holen und sie zu halten. Deshalb investieren wir in Kreativität viel Geld. Im Ergebnis sind wir die größte Mediaagentur, mit den meisten globalen Kunden und die, die jedes Jahr die meisten Auszeichnungen bekommt.

Nur wird Kreativität nicht einfacher, zumal immer mehr winziger Content für Smartphones gefragt ist. Wie gehen Sie mit der Tatsache um, das Google und Facebook derzeit vermutlich 85 Prozent der mobilen Werbeumsätze vereinnahmen?

Die Frage liefert doch auch die Antwort: 80 Prozent der Suchen finden auf Smartphones statt, Facebook ist heute komplett auf die mobile Welt ausgerichtet. Das sind Fakten. Ein Problem sehe ich jedoch nicht. Die beiden zugegeben sehr starken Konzerne limitieren nicht die Kreativität. Es ist eher das Gegenteil der Fall.

Mit dieser Marktdominanz können Sie sich doch nicht wohl fühlen?

Was mich beunruhigt ist, dass wir immer noch keine allgemeingültigen Mess-Standards für Mobile haben. Es gibt keine einfache Lösung wie die Cookies im stationären Web. Also tapsen alle immer noch ein wenig im Dunkeln. Haben wir in den letzten zwei Jahren Fortschritt gemacht? Ja. Aber sind wir richtig gut? Noch nicht, es gibt immer noch viel Raum für Verbesserungen.

Interview: Leif Pellikan

In der aktuellen W&V erfahren Sie mehr dazu: Zum Beispiel, warum Kunden in Pitches wechselwilliger sind, weshalb die Umsätze wachsen und wie wichtig vertrauensvolle Beziehungen mit Kunden sind. Das Heft können Sie hier bestellen.

De Nardis steht seit 2009 an der Spitze der OMD. Sie gilt heute als weltweit größte Mediaagentur­marke mit Billings von 41 Mrd. Dollar. Die übergeordnete Media-Holding OMG, zu der auch PHD und die letztes Jahr gegründete Hearts & Science zählen, liegt weltweit hinter der GroupM und Publicis auf Rang drei.


Autor: Leif Pellikan

ist Redakteur beim Kontakter und bei W&V. Er hat sich den Ruf des Lötkolbens erworben - wenn es technisch oder neudeutsch programmatisch wird, kennt er die Antworten. Wenn nicht, fragt er in Interviews bei Leuten wie Larry Page, Sergey Brin oder Yannick Bolloré nach.