Die Ideenfindung
Was passiert wohl im Kopfkino eines Kindes, wenn es die metapherreichen Fußballradiokommentatoren hört? Die Fußballsprache ist voll mit Metaphern, manchmal schwingen seltsame Fachausdrücke mit hinein, manchmal werden Bilder des Krieges benutzt. Es gibt sogar sexuelle Lesarten der Texte und es lässt sich sicher auch der ein oder andere Porno mit der Sprache des Fußballs vertonen ("Er macht ihn rein").

Für die "Maus" suchten wir nach Klassikern der Fußballsprache, hörten Radiokommentare an, sprachen mit Freunden und Fußballexperten,  z.B. mit Prof. Dietrich Leder an der Kunsthochschule für Medien in Köln, hörten CDs des Fußballpoeten Ror Wolf und blätterten durch Zeiglers Bücher. Wir mussten natürlich gängige Metaphern finden, damit die Kalauerparade auch  von Kindern hier und da verstanden wird. Immerhin ist das Publikum ja noch im Vorschulalter. Und bluttriefende Metaphern wie „Er senst ihn um“ konnten wir schlecht in die deutschen sonntäglichen Wohnzimmer tragen.

Der Dreh
Die größte Herausforderung für uns war, den Film an einem Tag zu drehen, der auch noch ausgerechnet  zum heißesten Tag des Jahres bis dato wurde. Bei Manaus’schen Verhältnissen haben wir deshalb das Spielfeld in zwei Teams aufgeteilt. Gedreht wurde mit Kameras an Easy Rigs, die Stativumbauten unnötig machten, eine lange Schiene mit Standby aufgebauten Dolly am Spielfeldrand wurde am Tage mehrfach verwendet, aber nie umgebaut: Nur so konnten wir die 80 Einstellungen drehen. Je Bild hatten wir 17 Minuten Zeit.

Dass unser Neymar auf Grund guter Ernährung ein prall gespanntes Trikot trägt und auch die anderen Spieler nur sehr bedingt an ihre Vorbilder erinnern, spielte für unsere Umsetzung keine Rolle. Es ging um eine charmantes Spiel und nicht um zwanghafte Übersetzung. Der eine oder andere Darsteller – in diesem Falle Kleindarsteller – half, diesen Charme zu transportieren.

Kollateralviral
Obwohl der Film der Redaktion gefiel und auch im näheren Umfeld der Film sehr gut ankam, erwarteten wir eigentlich nur, dass der Film im Rahmen seiner TV-Auswertung gesendet wird.

Eine Karriere im Internet planten weder wir noch die Redaktion. Ahnen konnte man es allerdings, nachdem die Ersten den Film gesehen hatten, "Gefälllt mir" nuschelten und ihr Daumen zuckte. Anders als vor acht Jahren, als unser erster WM-Beitrag für die "Maus", "WM im Liegen", für einen unbekannten User schnell eine Millionen Hits sammelte, ergriff diesmal der WDR die Chance und stellte den Film selbst online.

Fußball ist natürlich immer das Gesprächsthema Nr 1. Entsprechend hoch die Chance, mit einer witzigen Idee in die Pipeline der sozialen Netzwerke zu geraten. Allerdings ist bei diesen Themen die Konkurrenz gewaltig. Sicher war für uns von Vorteil, dass die Maus den Film nicht direkt zu Beginn der WM ausgestrahlt hat und wir so in einem vorbereiteten Publikum und einem nach frischen Nachrichten geifernden Medienfeld kontern konnten. So war der Film zur richtigen Zeit am richtigen Ort – bei den digital vernetzen Familienvätern, die aus ihrem Sonntagskoma auflachten.

Nachsatz
Die Bezeichnung "Viral" passt irgendwie nicht zu unserer Teekessel-WM in der "Sendung mit der Maus". Das Wort hatte mal so einen guten sportlichen, positiv-kompetetiven Klang. "Viral" klingt heute wirklich nach Ansteckung und maßloser Vermehrung einer Krankheit. Und das will doch keiner. Eine neue Bezeichnung muss her.

Übrigens: Deutschland wird Weltmeister und gewinnt im Endspiel 3:2 gegen Brasilen.

Datenstrudel macht filmische Essays für Arte und 3Sat, bastelt mit filmischen Elementen auf den Theaterbühnen und versucht zwischenzeitlich als Profs für Experimentelle Television die Studenten an der Bauhaus Uni Weimar zu verstehen. Wenn Zeit und Pitch stimmt, passiert auch Werbung. Und manchmal quetscht sich eine Lachgeschichte dazwischen. Die erste entstand anlässlich der Fussball-WM 2006 ("WM im Liegen"), es folgte 2010 die "5-Minuten-WM“. Vermittelt wird das Regie-Duo von Betti Berlin. Kamera beim "Maus"-Hit über Fußballfloskeln führte Matthias Schellenberg.

Und hier noch mal der Film: