Nun stelle ich wie gesagt immer häufiger fest, dass sich diese lineare Piktogramm-Ästhetik immer häufiger dort breit macht, wo sie gar nicht hingehört: in der Welt der Logos. Es ist natürlich nicht grundsätzlich verboten, auch Logos linear zu zeichnen. Gewissermaßen ist dies sogar verführerisch, denn die genannten Vorteile linearer Piktogramme treffen natürlich genauso auf linear gezeichnete Logos zu. Und ein Logo, ein Bildzeichen und Piktogramme haben natürlich, was die Reduktion in der Darstellung angeht, ähnliche Anforderungen.

Wir brauchen eine Hierarchie der Elemente

Ein prägendes Markenzeichen jedoch sollte sich von Informationsgrafiken bewusst unterscheiden: Es braucht eine Seltsamkeit, einen Störer, eine Unwucht, etwas Eigenständiges. Wir brauchen eine Hierarchie der Elemente – und in dieser müssen sich Informationsgrafiken eben dem Logo unterordnen. Wir brauchen Orientierung und haben wenig Geduld. Deshalb müssen wir schnell erkennen können, was wichtig ist und was wir uns merken sollen.

Wenn Icons und Logos im Erscheinungsbild die gleiche Optik und die gleiche Strichstärke haben, wird es hingegen grotesk: Ein klein skaliertes, lineares ThyssenKrupp-Logo geht in seiner Piktogramm-Welt unter, das von Innogy verschmilzt mit ihr sogar zur Unkenntlichkeit. Wenn nicht priorisiert wird, wenn nicht mehr klar ist, ob das Logo noch ein Logo oder vielleicht nur ein weiteres Piktogramm ist – dann ist es belanglos.

Daher, liebe Designer-Kollegen: Lasst dem Logo seine herausgehobene Stellung! Es ist gut, wenn es anders aussieht, als ein "Hier klicken um zu drucken"-Piktogramm. Und wer eine Piktogramm-Welt gestalten will, der sollte sich ebenfalls nicht am Logo orientieren, sondern beispielsweise an der Unternehmensschrift. Diese befindet sich nämlich in derselben Hierarchieebene der Kommunikation wie Piktogramme, der Weitergabe von konkreten Informationen.

Wie das geht, hat schon Otl Aicher mit seinen Piktogrammen für die Olympischen Spiele 1972 in München gezeigt. Er war ein Pionier seiner Zeit: Seine Piktogramme waren klar, reduziert und universell über alle Sprachen hinweg verständlich. Und sie unterschieden sich von den bis dato eingesetzten Piktogrammen, denn sie benutzten ein einfaches Repertoire von grafischen Elementen, die auf einem Raster, bestehend aus Quadraten und Diagonalen, aufgebaut waren. Dadurch wurden sie zu einem immanenten Bestandteil der Corporate Identity der Spiele. Das eigentliche Signet jedoch, der Strahlenkranz – zusammen mit den olympischen Ringen – stand über allem.

Der Autor: Norbert Möller ist seit 2003 Executive Creative Director der Peter Schmidt Group und leitet deren Corporate Design Team am Standort Hamburg. Zu den von ihm betreuten Marken und Unternehmen zählen unter anderem Linde, Henkel, Kühne+Nagel, die Postbank, REWE, die Stadt Hamburg und das Goethe Institut. Möller studierte Visuelle Kommunikation an der HfBK Braunschweig und arbeitet seit 1992 bei der Peter Schmidt Group, darunter von 1999 bis 2003 als Geschäftsführer.


Autor: Norbert Möller

Unser Design-Kolumnist Norbert Möller ist seit 2003 Executive Creative Director der Peter Schmidt Group und leitet deren Corporate Design Team am Standort Hamburg. Er studierte Visuelle Kommunikation an der HfBK Braunschweig und arbeitet seit 1992 bei der Peter Schmidt Group, darunter von 1999 bis 2003 als Geschäftsführer.