ADC-Reformdebatte:
Wirbeleit zur ADC-Debatte: "Der Club ist bewusst elitär"
Marco Zingler hatte im W&V-Interview die Debatte angestoßen: Der ADC und sein Wettbewerb seien nicht digital genug aufgestellt. Marc Wirbeleit wehrt sich gegen den Vorwurf: "Für die User Experience gibt es andere Wettbewerbe", schreibt der ADC-Digitalvorstand im W&V-Gastbeitrag.

Foto: Wirbeleit
Marco Zingler hatte im W&V-Interview die Debatte angestoßen: Der ADC und sein Wettbewerb seien nicht digital genug aufgestellt. Marc Wirbeleit wehrt sich jetzt gegen diesen Vorwurf: "Für die User Experience gibt es schließlich andere Wettbewerbe", schreibt der ADC-Digitalvorstand in seinem Gastbeitrag für W&V.
Wirbeleit kann mit Kritik umgehen. "Alles, was den Verein voranbringt, nutzt uns", findet er. Das ADC-Präsidiumsmitglied ist im Hauptberuf als Creative Strategist für Facebook tätig.
Von Marc Wirbeleit
"Eine der ältesten Binsenweisheiten der Kommunikationsbranche ist diese: Man kann nicht nicht kommunizieren. Heute muss man noch hinzufügen: Man kann nicht nicht digital kommunizieren. Die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwimmen immer mehr und kein Mensch kann heute mehr sagen, ob er gerade online oder offline ist. Mehr noch: Die binäre Unterscheidung zwischen online und offline, analog und digital wird heute immer mehr zum Anachronismus. Entweder ist es nicht mehr klar zu unterscheiden oder es ist schlicht egal.
Soweit die reale Welt. Kreativwettbewerbe sind anders. Sie brauchen klare Grenzen, damit man Gleiches an Gleichem messen kann. Mit Experten besetzte Jurys haben sich dafür als geeignet erwiesen. Zu den Experten beim ADC gehören einerseits ausgewiesene Digitalexperten wie Katja Rickert, Mike John Otto oder Joachim Sauter. Auf der anderen Seite Kreative wie Jo Marie Farwick oder meinetwegen ich, die in der Welt der Kommunikation zuhause sind und dabei keinen Unterschied machen zwischen Digital und Analog, weil – siehe oben.
Für die User Experience gibt es andere Wettbewerbe
Die ADC-Mitglieder sind es auch, die den ADC so außergewöhnlich machen. Während in anderen Kreativwettbewerben die Jurys vom Veranstalter besetzt werden, muss man sich den Platz beim ADC verdienen. Nur ADC-Mitglieder können in die Jury kommen, und Mitglied kann nur werden, wer über Jahre kreative Höchstleistungen gebracht hat. Der Club ist bewusst elitär, denn wir wollen kreative Spitzenleistung fördern. Das zeigt sich vor allem im Wettbewerb: Wir suchen nicht nach dem perfekt Optimierten, sondern nach dem genial Neuen. Dazu wendet der ADC fünf Kriterien an, die Originalität, Klarheit, Kraft, Machart und Freude. Diese Maßstäbe lassen sich auf eine Printanzeige genauso anwenden wie auf eine Facebook-Kampagne oder eine neue App. Für den ADC ist allein die kreative Exzellenz wichtig. Sie kann sich auf die Idee beziehen, auf die Gestaltung, auf die Umsetzung. Wenn es aber um Bewertung von User Experience oder Umsetzung von effizienten Sales-Funnels geht, dann ist der ADC-Wettbewerb nicht das richtige Umfeld. Dafür gibt es andere Wettbewerbe.
Diese Suche nach kreativer Exzellenz ist die Konstante im ADC-Wettbewerb, der sich ansonsten immer wieder ändert. Wer den ADC länger beobachtet, weiß, dass die Kategorien jedes Jahr überdacht und an den Markt angepasst werden – neue kommen hinzu, alte verschwinden, auch und gerade im Digitalbereich: CD-ROMs bewerten wir schon seit Jahren nicht mehr. Und auch sonst verändert und verbessert sich der Verein ständig – auch und gerade durch Initiativen der Mitglieder. Ein Roundtable mit Agenturen war nur eine Maßnahme, um den Dialog mit der Digitalbranche zu vertiefen – in Ermangelung eines echten runden Tisches wurde ein Gesprächskreis daraus, aber aus meiner Sicht machte ihn das nicht weniger wertvoll.
Steter Austausch mit der Digitalszene
Ein offenes, regelmäßiges Treffen von Mitgliedern, zu denen auch Externe eingeladen werden, kommt als Nächstes – auch das eine Mitgliederinitiative. Aus dem Mitgliederkreis ist auch die Idee entwickelt worden, eine Plattform für digitale Themen anzubieten; am 8. Juni 2017 wird die ADC Digital Experience in Düsseldorf stattfinden.
Aber zurück zum Wettbewerb und einer gefühlten Diskrepanz zwischen dem ADC und anderen Wettbewerben. In aller Regel sind digitale Cases aus Deutschland, die bei internationalen Cases Awards abräumen, selbstverständlich auch beim ADC-Wettbewerb mit dabei. Andererseits findet man auf den Gewinnerlisten der großen internationalen Wettbewerbe in den Digitalkategorien nach wie vor wenig deutsche Arbeiten. Daher muss es das gemeinsame Ziel sein, die Qualität der digitalen Arbeiten aus Deutschland weiter zu verbessern. Und bei dieser Aufgabe ist der ADC alles andere als elitär: Hier wollen wir mit allen zusammenarbeiten, die das gleiche Ziel verfolgen – egal, ob als ADC-Mitglied, als Partner oder Sponsor, Mitstreiter oder auch mal im konstruktiven Diskurs wie beim ADC-Kongress auf dem Festival im Mai unter dem Motto "Creativity beats technology!?" – bewusst mit Ausrufe- und Fragezeichen.
Alles, was den Zielen des ADC - und damit den Zielen der Kreativen - hilft, ist uns willkommen.