Was also tun? Es muss einen neuen Anlauf zur Reform des Kartellrechts geben, fordert Neven DuMont. Vor zehn Jahren habe man sich nicht einigen können und sei deswegen mit einer Reform gescheitert. Heute seien es nicht mehr die Verlage, die untereinander im Wettbewerb stünden. Die größten Konkurrenten seien das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die großen Internetkonzerne Facebook und Google. Mittlerweile schütze das Kartellamt die Zeitungen nicht mehr, vielmehr verursache es den Abbau redaktioneller Einheiten. "Das Kartellamt ist die reine Lehre, aber die Lehre von gestern," donnert der Patriarch.

Dirk Ippen, der andere große alte Mann auf dem Podium, mag Neven DuMont allerdings nicht ganz folgen. Die Probleme der Zeitungen löse man nicht mit einer Lockerung des Kartellrechts und immer größeren Einheiten. Er selbst sei jedenfalls immer ganz froh gewesen, dass es eine Pressefusionskontrolle gegeben habe. Niemals hätte Ippen, der als kleiner Regionalverleger angefangen hat, nach und nach ein immer gößeres Reich an Regionalzeitungen zusammenkaufen können. Es ging nur weil das Medienkartellrecht die großen Platzhirsche daran gehindert hat, sich ungebremst alles einzuverleiben.

Natürlich seien heute die Wettbewerber woanders, pflichtet Ippen bei. Doch: "Nicht Google hat 1500 Redaktionen in Deutschland, das haben nur wir." Zeitungen seien in ihrem Wesen "Solidarsysteme mit den Lesern". Diese Stärke müsste sie ausspielen, sie  vergäßen das allerdings mitunter.  "Was die Aktualität betrifft ist unsere Zeitung von gestern," sagt Neven DuMont, "aber was wir können, das sind doch erhellende Zusammenhänge herstellen, vertiefende Reportagen und Hintergrundstorys aufschreiben." 

Ja, und manchmal ist da einer, der noch viel cleverer ist als alle Verleger zusammen. Leo Kirch zum Beispiel, der die Verleger bei Sat.1 ausgebootet hat. "Das war ein unglaubliches Schlitzohr, der hat uns alle aufs Kreuz gelegt," sagt Neven  DuMont. "Dem waren wir nicht gewachsen, und Sie schon gar nicht Herr Ebner", schickt der Patriarch aus Köln einen witzigen kleinen Pfeil an einen anderen der großen alten Männer im Publikum. Das waren Zeiten, Teufel auch, war das schön.

Standing Ovations.


Autor: Judith Pfannenmüller

ist Korrespondentin für W&V in Berlin. Sie schaut gern hinter die Kulissen und stellt Zusammenhänge her. Sie liebt den ständigen Wandel, den rauhen Sound und die thematische Vielfalt in der Hauptstadt.