Mittelständische Verlage:
Printkenner Schmidt kommt als Lobbyist der Mittelständler zurück
Ex-Jalag Geschäftsführer Hermann Schmidt is back: Der Arbeitskreis Mittelständischer Verlage (AMV) wählte ihn zum 1. Vorsitzenden.
Es ist keine einfache Zeit für die kleinen und mittelständischen Verlage. Erst fühlten sie sich vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) verlassen, dann auch von den Grossisten. Die Sortimentsreform der Pressegroßhändler vom vergangen Jahr gehe zu ihren Lasten, bemängeln sie noch immer. Die Großverlage hätten sich mit ihrem Machtstreben durchgesetzt und bestimmten mehr denn je die Politik der Verbände, geht die Klage.
Mit Ex-Jalag-Geschäftsführer Hermann Schmidt wählte der Arbeitskreis Mittelständischer Verlage (AMV) nun einen gewieften Lobbyisten wieder an die Spitze der Interessenvertretung. Der mittlerweile 65-jährige hatte der Branche eigentlich schon im September 2011 krankheitsbedingt den Rücken gekehrt. Schmidt ist nun wieder als 1.Vorsitzender des AMV im Einsatz. In den Vorstand gewählt wurden außerdem Gertrud Schäfer (Stella Distribution) und Lars-Henning Patzke (Jahr-Top Special Verlag), der nach Schmidts Abgang 2011 im Verein der Mittelständler das Wort führte. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und Veränderungen in den Vertriebsmärkten sei es erforderlich, dass sich der künftige Vorsitzende ganz auf die Führung des AMV konzentriere, heißt die offizielle Begründung, warum Schmidt nun Patzke ablöst.
Wahr ist aber auch, dass der Verein inzwischen einen ziemlichen Bedeutungsverlust erlitten hat. Es fehlen Mitglieder wie "Spiegel", "Ehapa" oder "Die Zeit". Auch die Nationalvertriebe dpv (G+J) und MZV (Burda/WAZ), die früher öfter ihre Stimme auch für die Interessen ihrer Klientel aus mittleren und kleinen Verlagen erhoben haben, sind nicht mehr dabei. Der Vertriebspreis Sally wurde wegen der angespannten politischen Lage im vergangenen Jahr nicht verliehen. Und Patzke hat durch seine zünftige Art im politischen Streit auch den ein oder anderen verstimmt.
Nun soll Schmidt die Sache der Kleinen wieder in die Hand nehmen, den Verein neu positionieren, damit die Stimme der Mittelständler wieder größeres Gewicht bekommt. Wie er das machen will, sagt Schmidt im Interview mit W&V Online.
Herr Schmidt, warum sind Sie vier Jahre nach Ihrem Ausscheiden aus dem Amt des AMV-Vorsitzenden wieder zurückgekehrt?
Ich bin im Jahr 2011 krankheitsbedingt in den Ruhestand gegangen und habe mich aus der Geschäftsführung des Jahreszeiten Verlages und dem Vorsitz des AMV zurückgezogen. Nachdem es mir gesundheitlich besser geht und man mich fragte, ob ich das Amt des Vorsitzenden im AMV noch einmal übernehmen könne, habe ich zugesagt, weil ich eine Institution wie den AMV gerade in der gegenwärtigen Situation der Veränderung im Pressevertrieb für wichtig halte.
Einige wichtige Verlage und Verlage und Nationalvertriebe sind inzwischen aus dem AMV ausgetreten. Der Verein hat merklich an Bedeutung verloren.
Um jeden Verlag, der den AMV verlassen hat, ist es schade. Ich würde es begrüßen, wenn der eine oder andere wieder zu uns zurückfände. Denn der AMV hat sich in der Vergangenheit wie keine anderere Institution für einen fairen Wettbewerb und die stärkere Berücksichtigung der Marktinteressen von kleineren Verlagen und Special Interest Titeln eingesetzt und für einen neutralen und verlagsunabhängigen Pressevertrieb gekämpft.
Im VDZ-Vorstand und in den Vertriebsgremien des VDZ sind inzwischen deutlich mehr mittelständische und kleinere Verlage vertreten. Reicht das nicht?
Entscheidend ist nicht, wer in welchem Gremium vertreten ist und dort sitzt, sondern wer sich wirksam für die Belange der Zeitschriften von Unternehmen unserer Größe zu Wort meldet und unsere Interessen marktwirksam durchsetzen kann. Wir freuen uns über jeden Verlag, der bei uns mitarbeiten will und der unsere Ziele unterstützt. Der AMV tritt für Pressevielfalt, die Förderung von Presse-Vollsortimenten und Fairness im Wettbewerb ein. Wir brauchen Partnerschaften im Pressehandel, deren Zuverlässigkeit nicht durch ständig wachsende Marktmacht Dritter infrage gestellt werden kann.
Wo sind die größten Baustellen?
Die Lage in den Verlagen und im Pressehandel hat sich entscheidend geändert - gewiss nicht zum Vorteil für kleinere und mittelständische Verlage. Im Machtgefüge der Großen wurden die Rollen neu verteilt, doch die Ziele der Marktführer sind im Pressevertrieb die gleichen wie eh und je. Die Bedeutung des Presse-Grosso hat sich dramatisch verändert. Der Pressevielfalt und einer gerechten Gleichbehandlung von Zeitschriften mit geringerer Verkaufsauflage hat das nach meiner Einschätzung nicht gedient. Der AMV wird die politischen Parteien und entsprechende gesellschaftliche Gremien regelmäßig über die Bedeutung unserer Verlage für die Presse-und Meinungsvielfalt informieren. Wir wollen die Position unserer Unternehmen im Marktgefüge wieder stärken.