Trends:
Laut OMD-Media-Map werden zwei "Megatrends" die kommenden acht Jahre bestimmen: "Fast Fragmentation" und "Smart Empowerment". Beide Phänomene bedingen einander in einem "Ying-Yang-Verhältnis".

Die Fragmentierung der Medienangebote werde sich weiter "erheblich beschleunigen". Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einer Medienlandschaft, die immer "vielschichtiger, kleinteiliger" und "multioptionaler" wird. Die Autoren sehen ein "Battle of Options" heraufziehen, in der Grenzen zwischen etablierten Medien und neuen Angeboten immer mehr verschwimmen. Mit Folgen für die Werbung: Unter dem medialen Dauerbeschuss wird das Aufmerksamkeitsfenster der Menschen stetig schrumpfen. Werbebotschaften werden es in dieser Polyphonie immer schwerer haben, zum Konsumenten durchzudringen.

Mit dem Label "Smart Empowerment" fassen die Agentur-Experten zwei Trend-Stränge zusammen. Zum einen die durch Social Media befeuerte Tendenz der Nutzer, immer mehr zu Mitgestaltern und Bestimmern von Medien-Inhalten zu werden. Dieser Trend wird zusätzlich durch den technischen Fortschritt befeuert. Immer "smartere" Mobilfunkgeräte, Fernseher und Tablets fördern die Mündigkeit ihrer Besitzer. Sie entscheiden zunehmend, wann und wie sie Informationen, Bilder und Filme abrufen.

Mediennutzung:
Die Studie entwirft zwei Varianten der Zukunft. In einem "konservativen Szenario" projizieren die Experten bestehende Entwicklungen auf die kommenden acht Jahre. Auch hier dominiert die digitale Evolution, allerdings im gemäßigten Schritttempo. Im "digital-progressiven Szenario" vollzieht sich der Wandel dagegen schneller – mit teils drastischen Folgen für klassische Medien.

In beiden Szenarien setzt sich der Siegeszug des Internets fort. Auch in der konservativen Sicht würden 2020 rund 80 Prozent der Menschen das Internet nutzen. Der Zugang zum Netz wird billiger, bleibt allerdings kostenpflichtig. Tablets und Smartphones sind zum Massenphänomen geworden. Allerdings bleibt das Fernsehgerät der Ort, wo bewegte Bilder angeschaut werden.

Im digital-progressiven Szenario sagen die Autoren dem Fernsehen dagegen "schmerzliche Verluste" voraus. Die TV-Nutzung sinkt auf das Niveau der 90er Jahre, weil sich der Bewegtbild-Konsum zu wesentlichen Teilen ins Netz verlagert hat. Der Zugang zum Internet ist inzwischen kostenlos.

Während der Hörfunk in beiden Szenarien seine Stellung weitgehend halten kann, sind – nicht wirklich überraschend – die Printmedien die größten Verlierer des Medienwandels. Auch im konservativen Szenario müssen Zeitungen und Zeitschriften Einbußen hinnehmen. Um weitere drei Prozent ginge demnach ihr Anteil am Werbekuchen zurück. Im progressiven Szenario käme es zu einem regelrechten Zeitungssterben: In strukturschwachen Regionen, so die Prognose, wird es gar keine Tageszeitung mehr geben. Zeitungen würden zunehmend zu Wochen- und Wochenend-Titeln umgebaut. Das gedruckte Blatt werde "in den Geschäftsmodellen der Verlage nur noch eine Nebenrolle spielen". Ähnlich das Schicksal der Zeitschriften: Print werde mehr und mehr durch digitale Angebote ersetzt. Die Folge: Verlage lassen sich journalistische Qualität immer weniger kosten und geraten dadurch immer tiefer in den Abwärtsstrudel.

Werbemarkt:
Die Umwälzung von Klassik zu Digital schlägt sich im Werbemarkt nieder. Von der digitalen Dynamik können die Medienhäuser allerdings nur wenig profitieren, glauben die OMD-Experten. Der sorge zwar für einen "Wachstumsschub" – allerdings spüle dieser nicht mehr Geld in die klassischen Werbekanäle. Steigen würden dagegen Ausgaben für Agenturleistungen und Kreation. Unternehmen investieren mehr in eigene Medien (Owned Media) oder zweinullige Sozial-Kampagnen (Earned Media).

Auch im konservativen Szenario landen so deutlich mehr Werbeeuros in digitalen Kanälen, dies allerdings mit deutlich langsamerer Fließgeschwindigkeit. Vor allem performance-basierte Internetwerbung sorgt für das Wachstum. Sie macht demnach bis 2020 20,7 Prozent der Online-Werbung aus. Insgesamt würde Online auf einen Anteil von neun Prozent vom Werbekuchen kommen. TV verteidigt seine Stellung weitgehend mit 19 Prozent. Der Werbemarktanteil der Zeitungen sinkt auf zwölf, derjenige der Zeitschriften auf fünf Prozent.

In der progressiven Variante prophezeien die OMD-Experten Online dagegen den Durchbruch zum neuen Leitmedium. Das Internet käme auf einen Werbemarktanteil von 14 Prozent – und wäre damit fast auf Augenhöhe mit dem Fernsehen (16 Prozent). Der Niedergang der Print-Medien fiele noch drastischer aus. Zeitungen sinken auf neun Prozent, Zeitschriften gar auf vier Prozent.


Autor: Thomas Nötting

ist Leitender Redakteur bei W&V. Er schreibt vor allem über die Themen Medienwirtschaft, Media und Digitalisierung.