Entertainment:
TV-Unterhaltung wird problembeladener
Auf dem Kölner Branchentreff mit dem sperrigen Titel "Der Große Factual Entertainment-Summit 2014" sind TV-Sender und Produktionsunternehmen auf der Suche nach neuen Trends.
In ausländischen Fernsehsendern boomen sie: Reality-Formate, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen zeigen. Viele Beispiele dafür präsentierte Virginia Mouseler, Geschäftsführerin des Marktforschungsunternehmens für Fernsehprogramme "The Wit" mit Hauptsitz in Genf, am Mittwoch auf dem Branchenseminar "Der Große Factual Entertainment-Summit 2014" in Köln.
Vor allem in Holland, das als Fernseh-Testmarkt auch für Deutschland gilt, sind entsprechende Reihen beim Publikum begehrt. Ein Quotenerfolg dort beispielsweise ist "Divorce Hotel": Ehepaare, die sich trennen, treffen in einem Hotel auf Anwälte, Psychologen oder sonstige Experten, die helfen sollen, dass die Scheidung möglichst unproblematisch verläuft.
Oder "Lebenslang Zwang?" Hier werden sieben junge Menschen in Thailand therapiert. Ein weiteres Beispiel ist "The Bully Project", das gemobbte Schüler begleitet. In "Wishing Well" wiederum werden junge ehemalige Straftäter dabei gefilmt, wie sie durch gemeinnützige Arbeit mit Senioren ihre Vergangenheit hinter sich lassen.
Aber auch in anderen europäischen Staaten werden ähnliche Formate zurzeit gerne geschaut. Beim englischen Sender BBC etwa steht "My last Summer" auf dem Programm. Die Reihe porträtiert Todgeweihte, die höchstens noch ein Jahr zu leben haben und die für vier Wochen gemeinsam in einer Villa leben.
Geradezu moderat dagegen ist die irische Serie "Class Swap": Drei Schüler und drei Lehrer tauschen ihre Schulklasse, um andere Ausbildungssysteme in Europa kennenzulernen - in der ersten Staffel in Holland, Spanien und Finnland.
"Fernsehunterhaltung greift letztlich die Themen auf, die in der Gesellschaft verstärkt diskutiert werden", René Jamm, Geschäftsführer der Produktionsfirma Eyeworks Germany. "Auch wir werden demnächst das Thema Schule und Ausbildung aufgreifen, weil das ein Thema ist, das für alle Gesellschaftsschichten im Moment eine Rolle spielt."
Selbst für den Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff ist seine Art von Reality-TV - die viel diskutierte Serie "Team Wallraff - Reporter undercover" auf RTL - das ideale Vehikel: "Hier kann ich ein Publikum ansprechen, das ich sonst nicht erreicht hätte", sagte der 71-Jährige.