
Weltweiter Zeitungstrend: Mehr Leser, aber weniger Werbeeinnahmen
Der Weltzeitungsverband WAN-IFRA analysiert die weltweite Lage der Tageszeitungen und hält fest, dass die nur 2,2 Prozent Einnahmen aus dem Digitalgeschäft das Minus bei den Anzeigen nicht ausgleichen kann...
Zwei Kernaussagen über die Printbranche hat der Weltzeitungsverband WAN-IFRA bei seinem diesjährigen Jahreskongress in der Ukraine nachgereicht: Noch nie zuvor haben weltweit so viele Menschen Zeitungen gelesen wie im vergangenen Jahr. Allerdings sind 2011 die Anzeigenerlöse der Zeitungen weiter deutlich zurückgegangen. Es sei nicht gelungen, diese finanzielle Lücke mit Hilfe von Onlinewerbung zu schließen, heißt es in der Mitteilung des Verbandes. Denn: Nur 2,2 Prozent der Einnahmen der Verlage stammen aus dem Digitalgeschäft.
Die Gesamtwerbeeinnahmen gingen demnach von 101,8 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 60,4 Milliarden Euro im Jahr 2011 zurück. "Das Problem ist nicht, dass es uns an Lesern fehlt. Wir haben das Publikum. Die Herausforderung ist vor allem die, erfolgreiche Geschäftsmodelle für das digitale Zeitalter zu finden", sagt dazu Larry Kilman, stellvertretender Geschäftsführer des internationalen Zeitungsverbandes.
Insgesamt greifen weltweit mehr als 2,5 Milliarden Erwachsene täglich zu einer gedruckten Tageszeitung. Mehr als 600 Millionen konsumieren dagegen Nachrichten in digitaler Form. 512 Millionen Tagestitel sind im Vorjahr pro Erscheinungstag verkauft worden - das sind 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Dieses Plus ist laut Zeitungsverband vor allem der wachsenden Zahl an Zeitungslesern in Asien und dem Mittleren Osten zu verdanken. Gerade in Japan, wo ein Großteil der Bevölkerung das Internet nutzt, wird weiterhin rege Zeitung gelesen. Mit einer täglichen Auflage von 9,97 Millionen Exemplaren ist "Yomiuri Shimbun" weltweit Rekordhalter. Die Zeitung verzeichnete zuletzt jedoch ein Auflagenminus.
Hierzulande verlieren die Zeitungen weiter an Auflage. Dennoch werden vor dem Hintergrund der schrumpfenden Anzeigenerlöse die Vertriebseinnahmen immer wichtiger, die teils durch Preiserhöhungen ausgebaut werden (wie gerade wieder das Vertriebsblatt "dnv" errechnet hat). Ein deutliches Beispiel für die Abhängigkeit von der Leser-nachfrage: die "taz". Wie gerade bekannt geworden ist, hat die unabhängige Tageszeitung ihre Vertriebseinnahmen 2011 gegenüber dem Vorjahr um 3,2 Prozent auf 20,3 Millionen Euro gesteigert. Die Anzeigen brachten hingegen nur 2,5 Millionen Euro ein. Damit ist der Vertriebsanteil mit 87,4 Prozent deutlich höher als bei anderen Zeitungen - er liegt im Schnitt bei 54,7 Prozent. Auf lange Sicht dürfte sich das Verhältnis von Anzeigen- zu Vertriebseinnahmen bei 40 zu 60 Prozent einpendeln, schätzen Branchenkenner. Noch in den späten 90er Jahren machte die Reklame gut 60 Prozent der Erlöse aus.