Überrascht haben Mindshare deren Mediamix-Strategien: Bei Aldi ist demnach die Steigerung ausschließlich über eine Erhöhung der Investments um über 32 Millionen Euro brutto (+46 Prozent) in Tageszeitungen erklärbar, gleichzeitig reduzierte sich der Bruttowert der Online-Investments. Bei Vodafone wurden Online (+67 Prozent), Mobile (+79 Prozent ) und Out-of-Home-Medien (+314 Prozent) überproportional stark erhöht, auf TV entfiel dagegen "nur" ein Plus von 34 Prozent, überproportional stark mussten die Tagezeitungen mit minus 19 Prozent an Umsatz abgeben.

Bei Beiersdorf stiegen die TV-Investments demnach um rund 60 Prozent, in Online dagegen sank der Bruttowert der Investitionen um 39 Prozent, sodass sich in der Folge der Media-Mix-Anteil von 20 Prozent auf 10 Prozent halbierte. Eine bemerkenswerte Entwicklung. "Aber auch bei einem vergleichbaren Unternehmen wie beispielsweise Unilever wurde das Wachstum primär aus TV gespeist", betont das Team um Mindshare-Chairman Deutschland Christof Baron. Die von Nielsen erfassten Online-Investments waren dagegen mit -35 Prozent stark rückläufig.

Baron hält für den Werbemarkt 2014 auf Basis von Nielsen-Bruttozahlen fest, dass er eigentlich nur im zweiten Quartal – also rund um die Fußball-WM – so richtig gewachsen ist. Das Bruttoumsatz-Plus in Höhe von 760 Millionen Euro oder vier Prozent von Januar bis Ende September gegenüber Vorjahr macht Mindshare vor allem am starken Bewegtbild-Umsatz fest; 85 Prozent der Zuwächse im Bruttowerbemarkt kommen aus TV. Wobei Mindshare hier einen genauen Blick auf die Kundenliste wirft und festhält: "Kleine, eher unbekannte Unternehmen im E-Commerce-Segment tauchen kurzfristig mit unglaublich hohen Brutto-Volumina auf, und ist es sehr eindeutig, dass die dahinter stehenden Netto-Investments sehr gering sind." Die Agentur nennt hier etwa an zweiter Stelle beim Bruttozuwachs im TV ein Unternehmen, welches Online-Spiele entwickelt: "Altigi mit einer Investitionssteigerung in Höhe von brutto über 42 Millionen Euro. An 5., 6., und 7. Stelle folgen der Genius Online-Shop, King.com sowie der ProSieben-Inkubator EpicOperation V mit einer Steigerung von jeweils über 28 Millionen Euro brutto." Hier zweifelt Mindshare klar den Nettowert der Investments an.

Obwohl Mindshare die Aussagekraft der klassischen Nielsen-Statistik über die neuen Einnahmequellen aus dem Online-Bereich anzweifelt: Auch Christof Baron kommt zu dem Schluss, dass das starke Wachstum der Onlinewerbung nachlässt. "Auf Basis der OVK-Statistik sinkt das Umsatzwachstum um über 25% im Vergleich zum Vorjahr (von +9,3% auf + 6,8%)", heißt es da.

Und wie geht es weiter? Wie in den Jahren zuvor werde sich die Brutto-Netto-Schere weiter öffnen, prognostiziert Mindshare für 2015. Der Druck auf die Vermarkter, ihre Umsatzposition zu halten, sei extrem hoch. "Demzufolge wird auch weiterhin der Einsatz von Konditionen der stärkste Vermarktungshebel bleiben", so die Mediaagentur. Die Automatisierung im Online-Einkauf (Programmatic) werde einen höheren Anteil an den Online-Umsätzen realisieren – mit negativen Effekten auf die Media-Umsätze. "Hier geht es ganz klar um eine weitere Optimierung von Preis und Effizienz auf der Nachfrageseite mit Hilfe noch besserer Daten, und auf der Anbieterseite um eine Optimierung der Auslastung des Inventars und dessen Monetisierung", betont Mindshare.

Ein wichtiges Wachstumsthema sei und bleibe der Bereich Online-Video in Verbindung mit linearem Fernsehen. "Sofern es der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) gelingen sollte, wie geplant eine Konvergenz-Währung zu etablieren, würde das die Umsätze im Video-Bereich nochmals beflügeln", meint die Agentur. Mindshare geht nun davon aus, dass die Spendings von Google auch weiterhin überproportional wachsen werden – wie auch jene von Facebook. "Nicht zu vergessen das Unternehmen Amazon, der ‚schlafende Riese im Werbegeschäft‘, welches in 2015 mit einer stark erweiterten Vertriebsmannschaft den Markt sehr aggressiv bearbeiten wird", sagt Mindshare voraus.

TV wird laut Mindshare 2015 umsatzmäßig weiter zulegen können, "nicht zuletzt inflationsbedingt, aber auf einem erheblich geringeren Niveau". Außenwerbung sei – nach einem starken Lauf in 2015 - auch im kommenden Jahr ein gewisses Wachstumspotential zuzutrauen. Schwierig werde es für Funk, und auch die Printmedien werden aus Sicht der Mediaagentur zu kämpfen haben. "Deren Umsatzerosion wird weiter anhalten, auch wenn der Abschwung nicht mehr so signifikant sein wird. Positive Meldungen, wie beispielsweise Aldis Rückkehr zu den Tageszeitungen, können aber helfen, den Abschwung zu dämpfen. Fraglich, was im Netto hängen bleiben wird, zumal ja auch die Tageszeitungen ihre ‚Vermarktungsanstrengungen‘ deutlich verstärkt haben", heißt es aus Frankfurt.

Barons Team erwartet, dass es für die Werbeausgaben 2015 in einigen Branchen spannend wird. Darunter: der Telekommunikations- und Handelssektor. Die Automobilhersteller, das größte Werbesegment, erwarten für 2015 ein leichtes Absatzplus. "Der Markt wird getrieben durch den Launch vieler neuer Modelle, was auch die Werbeaktivitäten leicht beflügeln könnte", meint Mindshare. Der Markt für Selbstmedikation werde ebenfalls weiter zulegen –nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung der Altersstrukturen. "Ebenfalls positiv entwickeln werden sich weiterhin der Lebensmittel-Einzelhandel, E-Commerce und der Markt für Online-Dienstleistungen, allerdings auf einem deutlich geringeren Niveau im Vergleich zu 2014. Und nicht zuletzt wird auch der Markt für Körperpflege / Beauty-Produkte weiterhin wachsen", prognostizieren die Frankfurter.

Das Segment Bekleidung, wo dank der Fußball-WM auch die Sportartikelhersteller ihre Investments deutlich erhöhten, werde nicht mehr an das Wachstum von 2014 anknüpfen können. Alles in allem sagt Mindshare-Manager Christof Baron voraus: "Der Werbemarkt könnte sich mit einem Wachstum von bis zu +0,2 Prozent leicht positiv entwickeln, aber bei einem hohen Risiko auch um bis zu -2,0 Prozent fallen." Und: "Das 4. Quartal wird entscheidend dafür sein, in welche Richtung der Markt in 2015 driften wird." Nielsen hat den Start ins vierte Quartal als gut bewertet.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.