Ich gehe mal davon aus, dass es bei der Wahl keine Überraschungen gibt. Priorität hat für mich zu klären, ob die Erwartungshaltungen nicht so übergroß sind, dass man schon alleine an der unrealistischen Einschätzung scheitern könnte. Also: Welche realistischen Erwartungen der Mitglieder kann man in welcher Zeit erfüllen, und wie kann man mit den Mitgliedern in einen regelmäßigen Austausch kommen?

Sie haben die Mitglieder befragt, welche drei Punkte sie am meisten vermissen oder stören. Hat Sie das Ergebnis überrascht?

Es ist richtig, dass ich ein Stimmungsbild bekommen wollte. Das Ergebnis liegt mir noch nicht vor. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es eine Häufung von Themen gibt.

Als da wären?
Möglicherweise, dass wir nicht klarmachen konnten, wofür der Verband wirklich steht, und mangelnde politische Einflussnahme. Diese Dinge standen schon immer im Raum. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie auch jetzt wieder im Mittelpunkt der Diskussionen stehen.

Lobbyarbeit hat der GWA immer abgelehnt und auf den Zentralverband der Werbewirtschaft ZAW verwiesen. Sehen Sie das heute anders?

Das kann sich gar nicht ändern. Es wäre aber auch falsch, zu sagen, dafür hat man den ZAW. Wenn Sie all die Fragen, die mit Kommunikation zu tun haben, Fragen der Urheberrechte, Wettbewerbsverbote oder Werbeverbote im Politikbetrieb Berlin und Brüssel wirklich adressieren wollten, müssten sie als Verband ein ganz anderes Gewicht haben als wir mit rund 100 Mitgliedern. Dieser Verband allein hat keine Chance aufgrund seiner geringen Größe. Deshalb ist es so dringend erforderlich und richtig, dass man das mit dem Zentralverband macht.

Was kann der GWA dann leisten?

Diese Grundsatzfrage müssen wir immer wieder stellen. Ich denke, eine der wichtigsten Aufgaben bleibt, dass der GWA eine Standesvertretung der Agenturen ist, in der man gemeinsame Interessen bündelt und zum Ausdruck bringt. Er ist auch unter Kollegen ein wichtiges Diskussions­forum. Man kann eine ganze Menge tun, um für Nachwuchs attraktiver zu werden. Auch der Servicebereich wird sehr goutiert. Und der Verband kann an vielen Stellen die Bedeutung von Wirtschaftskommunikation herausarbeiten. Produkte und Leistungen sind heute so ähnlich oder austauschbar, dass nur die Marke und die Kommunikation den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmacht. Ich kann nicht feststellen, dass der GWA in einer Krise ist, in dem was er tut.

Dann fragt man sich, warum die Branche unter einem Bedeutungs- und Image-Verlust leidet.

Bei wem hat das gelitten?

Das zeigt sich an der Nachwuchsproblematik, oder am Einfluss der Einkäufer, um nur zwei Punkte zu nennen.

Die Realität ist heute, dass die großen Unternehmen Kommunikationsdienstleistungen genau so kaufmännisch einkaufen, wie alles andere auch. Man kann nicht erwarten, dass wir anders behandelt werden als andere Industrien. Interview: Kerstin Richter

Mehr zum Thema lesen Sie in der aktuellen W&V (Nr. 41/2011, Erstverkaufstag 13.10.2011)