Hebig mag Mitte 30 sein, und wenn er so über die mobilen Betriebssysteme Android und iOS spricht, klingt er so begeistert, dass man sich für den voreiligen Gedanken ans Finanzamt schämt. "Apple hat ein fantastisches Ökosystem erschaffen und hat damit ganz leicht Zugang zu über 20 Millionen Kreditkarten bekommen." Minipause. "Man kann so ein iPad ja gar nicht anschalten, ohne zuvor seine Kreditkartendaten zu hinterlegt zu haben." Minipause. "Das Marktvolumen ist ganz unbestritten vorhanden, wir sehen das ja an TV Spielfilm mit durchschnittlich zehn Millionen Visits pro Monat." Hebig denkt und spricht schnell, vermutlich so schnell wie ein Computer binomische Formeln hoch und runter rechnen würde, und deshalb liegt dann doch ein bisschen Captain Future-Stimmung in der Luft.

Als Mitglied des Research & Development-Teams im iLab beschäftigt sich Hebig täglich mit den Trends von morgen. Auf die Frage, welches Smartphone er dann so hat, deutet er auf seine große schwarze Tasche auf dem Stuhl. "Ach, ich habe einige Geräte und nutze alle abwechselnd. Wenn ich auf die Bahn warte, dann ist das sozusagen meine digitale Raucherpause."

Die digitalen Rauchschwaden, die von den einzelnen Mitarbeitern ausgehen, scheinen im Büro von Patrick Wölke noch dichter zu werden. Vielleicht liegt es daran, weil hier, am Ende des Ganges, der Chef des iLabs residiert. Vielleicht aber auch, weil das Licht gleißend von draußen hereinscheint und das weiße Mobiliar so zum Leuchten bringt, dass es in den Augen beißt.

Am blitzblank aufgeräumten Schreibtisch sitzt entspannt lächelnd Wölke, 36. Vor zwei Jahren kam er als Director Programming zur Burda Style Group, zuvor war er Head of Programming bei AOL Europe in London. Seine Mission im iLab formuliert er so: "Crack the Code der digitalen Möglichkeiten zum Nutzen der Printprodukte." Über Facebook & Co. ließen sich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Soziale Medien sind wertvolle Quellen für neue Themen, dort ließe sich Marktforschung betreiben und zugleich am Image feilen.“ Unter seiner Anleitung hat "Freundin"-Chefredakteurin Ulrike Zeitlinger ihre Fanpage auf Facebook vor einem Monat gegründet. Täglich postet Zeitlinger seither ihre Erlebnisse beim Blattmachen - das auch nicht immer ohne Technologie vonstatten geht. Freizügig zeigt sie ihre "Ooops-Momente beim Dreh für den DONNA-PR-Film", und bezeichnet sich als glücklich darüber, "dass ich mein Geld mit Print verdienen darf".

Wölke wertet den Facebook-Auftritt seiner Kollegin als "faszinierende Möglichkeiten zu kommunizieren, um unsere originären Printmarken zu stützen". Und: Wenn Zeitlinger etwas über Diäten schreiben möchte, könne sie in ihr Brainstorming ihre Leser und die Weböffentlichkeit einbeziehen."

Parallel dazu laufen auch Experimente im Umgang mit dem iPad. Erst neulich hat Wölke auf der Burda-Konferenz Digital Life Design die Bunte.de Blitzlicht“ App für das iPad vorgestellt. Das inhouse entwickelte Framework „iLab Tablet Solution“ bereitet Inhalte von bunte.de automatisch für das Tablet auf. Über einen speziell eingerichteten Algorithmus werden Bilder im Portrait- und Landscape-Modus eingespeist. Wölkes Plan ist es, die vollautomatisierte Anwendung künftig auch für andere Online-Titel einzusetzen.

Für die heutige Konferenz sind fünf Mitarbeiter aus Berlin angereist. Zusammen mit den Münchnern sitzen sie um einen langen Tisch, bringen sich gegenseitig auf den aktuellen Stand und besprechen die nächsten Schritte auf dem Weg in die Zukunft. Einer davon: den Redaktionen ihren neuen Mitarbeiter Radian 6 vorzustellen. Nein, Radian 6 ist kein Roboter. Es ist ein webbasiertes Tool, das Social Media-Plattformen trackt und darüber die Themenrecherche erleichtern soll. Auf Themenkonferenzen ließe sich dann mit dem Input von etwa 20.000 Leserinnen jonglieren, sagt Wölke, die auf Twitter und Facebook ihre Kommentare abgeben. Was sie mit dem Sammelsurium dann anstellen, dürfen die Redakteure selbst entscheiden. Die vollautomatisierte Welt bleibt auch in Burdas iLab noch getrost vor der Tür.


Autor: Irmela Schwab

ist Autorin bei W&V. Die studierte Germanistin interessiert sich besonders dafür, wie digitale Technologien Marketing und Medien verändern. Dazu reist sie regelmäßig in die USA und ist auf Events wie South by Southwest oder der CES anzutreffen. Zur Entspannung macht sie Yoga und geht an der Isar und in den Bergen spazieren.