Social-Media-Hype: "Ein hochgekochtes Thema"
Der Online-Chef von FischerAppelt Furore, Philipp zu Sayn-Wittgenstein, warnt vor dem Social-Media-Hype. Im W&V-Interview fordert er mehr Aufmerksamkeit für die klassische Website.
Der Online-Chef von FischerAppelt Furore, Philipp zu Sayn-Wittgenstein, warnt vor dem Social-Media-Hype. Der eigene Web-Auftritt werde dadurch zu oft vernachlässigt.
W&V: Social-Media-Präsenzen auf Facebook und Co. werden immer populärer. Es scheint, als wären sie wichtiger als die eigene Marken- oder Unternehmens-Website.
Wittgenstein: Jeder hat zuletzt nur über Social Media geredet - ein hochgekochtes Thema wie „Internet“ zu besten Zeiten der New Economy. Aber ist dieser Hype gerechtfertigt? Wir sind schnell zu dem Schluss gekommen, dass Social Media nur ein Teil einer ganzheitlichen Online-Kommunikation sein kann. Denn im Social Web hat der User nur eine Aufmerksamkeitsspanne im Sekundenbereich. Die eigentlichen Informationen können nur auf der Homepage geliefert werden. Letztendlich ködert man den User im Web 2.0, um ihn dann auf der Homepage umfassend zu informieren.
Aber das Thema Relaunch der eigenen Site ist heute für kaum jemanden ein großes Thema.
Genau das haben wir in Gesprächen mit Kunden festgestellt. Die Interessen gingen stark in Richtung der gehypten Themen. Dabei muss sich jeder zunächst fragen, ob seine Site heute noch zeitgemäß ist.
Wie reagieren Kunden, wenn das Ergebnis Ihrer Analyse lautet: Ihre Site ist aus heutiger Sicht veraltet?
Wir sprechen lieber von Optimierungsbedarf. Vielen ist auch bewusst, dass die eigene Website überarbeitet werden muss. Aber am Beginn steht ein ganzheitlicher Ansatz mit einer Kommunikationsstrategie und die Frage: Was soll die eigene Website heute leisten?
Haben sich die Anforderungen so stark gewandelt?
In einigen Bereichen ja. In Bezug auf die Usability wurden die Nutzer zuletzt stark von sozialen Netzwerken geprägt. Sie wollen interagieren. Das heißt, sie wollen kommunizieren, ausprobieren und kleine Tools nutzen. Angebote, die einige Jahre auf dem Buckel haben, sind in der Regel sehr statisch. Daneben hat sich gezeigt, dass User nicht gerne lesen. Texte, die länger als eine Seite sind, werden kaum beachtet. User wollen Informationen in portionierten Häppchen. Hier sind alternative Darstellungsformen gefragt, etwa Bilder, Grafiken oder Videos.
Haben sich auch die Anforderungen an die Inhalte durch Facebook, Twitter und Co. gewandelt?
Inhaltlich nehmen Unternehmen häufig keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der User. Es muss mehr über thematische Einstiege nachgedacht werden, nicht über eine Produktauswahl, ein Serviceangebot oder eine Firmenpräsentation. Nur dann verbringen User auf einer Site auch Zeit.
Eine Checkliste zum Thema "Heutige Anforderungen an eine Website" gibt es in der aktuellen W&V (Ausgabe 33/2010, EVT 19. 8.2010).