
BDZV: Vertriebsgeschäft toppt erstmals die Anzeigenerlöse
Das Krisenjahr 2009 hat den größten Werbeträger Tageszeitungen schwer gebeutelt: Das Anzeigengeschäft schrumpfte um 700 Millionen Euro auf 3,9 Milliarden Euro. Nur die höheren Vertriebsumsätze dämpfen das Minus.
Unendlich lange her scheinen die Zeiten, als Tageszeitungen noch an die 70 Prozent ihrer Umsätze über das Anzeigengeschäft machten. Im Krisenjahr 2009 hat sich nun erstmals das Verhältnis der beiden Haupt-Erlösstränge Anzeigen und Vertrieb umgekehrt: Die Anzeigenumsätze rutschten um 700 Millionen Euro (minus 15,9 Prozent) auf etwa 3,9 Milliarden Euro ab. Mit knapp 4,5 Milliarden Euro (plus 2,3 Prozent) verdienten die Verlage im vergangenen Jahr erstmals mehr Geld über den Verkauf ihrer Zeitungen als über das Anzeigengeschäft.
Ein Negativtrend im Handel schlägt sich vor allem im Regionalzeitungsmarkt nieder. Jörg Laskowski, Geschäftsführer Verlagswirtschaft im BDZV: "Der lokale Handel leidet, viele Geschäfte in kleineren Städten sind verwaist. Und damit leiden auch die lokalen Zeitungen." Immerhin sieht Laskowski nach den jüngeren Prognosen für 2010 einen Silberstreif am Horizont: "Wenn am Ende des Jahres eine Null steht, können alle zufrieden sein."
Die Auflagen schrumpften 2009 insgesamt um knapp 2,6 Prozent auf rund 19,5 Millionen Exemplare. Mit minus 4,4 Prozent rutschte der Boulevard auf vier Millionen Exemplare ab und büßte somit am meisten ein.
Der digitale Strukturwandel ist weiter in vollem Gange: Während das Minus bei den Stellenanzeigen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres deutlich zurückging (minus 1,4 Prozent), verlagern sich Immobilienanzeigen (minus 19,3 Prozent) und Kfz-Anzeigen (minus 12,8 Prozent) weiter Richtung Internet.
Weil im Internet die Preise bekanntlich am Boden liegen, setzt der BDZV die Hoffnung auf die elektronischen Lesegeräte. Hans-Joachim Fuhrmann, Geschäftsleiter Kommunikation und Multimedia: "Wir sind überzeigt, dass wir unser klassisches Geschäftsmodell aus Abo- und Werbeerlösen auf diese Geräte übertragen können.Neben Apples I-Pad, We Tab und anderen Plattformen sei es auch "nicht auszuschließen, dass die Verlage selber eine gemeinsame Plattform gründen," sagt Hans-Joachim Fuhrmann, Geschäftsleiter Kommunikation und Multimedia. In zehn Jahren könnten schon etwa 50 Prozent der Umsätze über elektronische Lesegeräte kommen.
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff verfolgt seine politische Agenda weiter, um irgendwann einmal für die Verlage im Internet weitere Pfennige zusammenzuklauben. So sind die Online-Aktivitäten von ARD und ZDF weiter unter Beschuss. Sie seien, anders als der Gesetzgeber vorgesehen habe, "nur zum Teil sendungsbezogen". tagesschau.de und heute.de seien "Sammelbecken öffentlich-rechtlicher Zeitungsinhalte", moniert Wolff. In einem Abschlussbericht nach Brüssel will der BDZV diese "Gesetzesumgehung" dokumentieren.
Beim Leistungsschutzrecht bewegt sich etwas. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will im Herbst einen Referentenentwurf vorlegen. Wolff: "Wir steuern auf eine Verwertungsgesellschaft zu." Gespräche zwischen dem BDZV und Google zum Thema seien allerdings noch nicht zustandegekommen.