Was steckt aus Ihrer Sicht hinter den "Bild“-Kampagnen?
Eines ist klar – und in der Sache ist "Bild“ sicher Vorkämpfer: Wir haben einen der stärksten öffentlich-rechtlichen Auftritte auf der ganzen Welt mit der wahrscheinlich höchsten Subventionierung, rund 20 Programmen und der erklärten Absicht, diese Marktposition auch in die neuen Medien zu verlagern. In diesem Moment tritt der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr nur auf die kommerziellen Sender, sondern auch auf die privatrechtlichen Verleger. Plötzlich werden die Öffentlich-Rechtlichen Konkurrenten von Zeitungen und Magazinen. Natürlich sagt hier der Springer-Verlag: Lasst uns denen mal auf die Finger klopfen!

Aus dieser Sicht würde "Bild“ als Marketing-Maschine der Verleger-Interessen handeln?
Das geht zu weit. Ich will nicht sagen, dass die Berichte gesteuert sind. Aber es ist sicher legitim, dass sich Verleger wehren, wenn die Öffentlich-Rechtlichen staatstragend auftreten, aber wie im Fall "Tagesschau“-App privatrechtlich handeln und - unterstützt durch Milliarden-Subventionen - auch der Printbranche Konkurrenz machen. Sicher vertritt "Bild“ die Überzeugung des Hauses Springer, aber durchaus auch die der anderen Verleger.

"Bild deckt in einem großen Report auf, wie im ZDF systematisch verbotene Schleichwerbung betrieben wurde“, so die Ankündigung Springers. Ist die Wortwahl angemessen?
Wer die Aussendungen der öffentlich-rechtlichen Intendanten über die Jahre hinweg gelesen hat, der weiß, dass das kein zimperliches Gefecht ist. Die Öffentlich-Rechtlichen brauchen nicht wehleidig zu sein, wenn von privater Verlegerseite Deftiges zurückkommt. Wenn ich nur daran denke, zu welchen Aussagen sich der eine oder andere Intendant in Richtung RTL verstiegen hat! Da muss ich schon sagen: Wenn die Herrschaften etwas auf den Deckel bekommen, ist das ein Echo.

Die Intendanten haben von „Bild“ schon einiges auf den Deckel bekommen. Trägt die Print-Kritik Früchte?
Die bisherigen Berichte haben sicher dazu beigetragen, dass die Öffentlich-Rechtlichen vorsichtiger geworden sind. Es schärft die Sensibilität der Verantwortlichen im öffentlich-rechtlichen Bereich durchaus, wenn es ab und zu Kritik gibt. Wenn mehr Augen darüber wachen, wird es vielleicht besser – so wie beim Aufdecken der Skandale bei "Marienhof“ oder im Fall Doris Heinze beim NDR. Schließlich bedient sich der öffentlich-rechtliche Apparat auch gerne selbst. Wenn mehr Kontrolle dazu führt, dass bei den Öffentlich-Rechtlichen auch endlich kostenbewusster und im Sinne der Gebührenzahler gehandelt wird, dann wäre schon viel erreicht - auch im Sinne eines funktionierenden Dualen Systems. Vielleicht wird ja in Zukunft von den Öffentlich-Rechtlichen weniger staatstragender Wein gepredigt und dann kommerzielles Wasser getrunken.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.