Presserat: Rügen für WAZ-Medien und "Rheinische Post"
Prügel vom Presserat: Das Onlineportal DerWesten.de, das WAZ-Klatschblatt "Die Aktuelle" und die "Rheinische Post" kassierten öffentliche Rügen. "Bild" und "BamS" kamen etwas besser davon.
Acht Rügen hat der Deutsche Presserat hat bei seiner Sitzung am 26. und 27.Mai in Berlin ausgesprochen. Eine öffentliche Rüge erhielten dabei das WAZ-Onlineportal DerWesten.de und das ebenfalls zur WAZ-Gruppe gehörende Klatschblatt "Die Aktuelle". Auch der Regionalzeitung "Rheinische Post", dem "Vogtland-Anzeiger" sowie den Onlineportalen der "Goslarschen Zeitung" und der "Sindelfinger Zeitung" erteilte der Presserat eine öffentliche Rüge. Springers "Bild" und "Bild am Sonntag" kamen mit einer nicht-öffentlichen Rüge davon.
Die WAZ-Medien und die Springer-Blätter verstießen nach Ansicht des Presserats gegen Persönlichkeitsrechte. So behauptete "Die Aktuelle" in einem Bericht über Gaby Köster, dass der Comedy-Star im Rollstuhl sitze - als Beweis diente das Foto einer Rollstuhlrampe vor Köstners Wohnhaus. Wenig später vermeldete das Blatt „ein Wunder“: Gaby Köster könne wieder laufen. Auch im Fall von Prominenten müsse über Krankheiten zurückhaltend berichtet werden, so der Presserat. Zudem sei im Ausschuss der Eindruck entstanden, die Falschmeldung sei bewusst platziert worden, um kurz darauf die vermeintliche Genesung als Wunder darzustellen.
Eine eklatante Verletzung von Persönlichkeitsrechten sah der Presserat in einem Bericht des Onlineportals DerWesten.de. Dieses hatte über die Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens in Solingen in der Wohnung seiner Eltern berichtet, nachdem das Kind dem Täter selbst die Tür geöffnet habe. Dem Artikel beigestellt war ein Stadtplan mit dem Titel „Ort des Geschehens“ und einem interaktiven Element, anhand dessen sich der Leser an der genauen Bestimmung des Tatortes beteiligen konnte.
"Bild" (Frankfurt) und "Bild am Sonntag" wurden für ihre Berichterstattung über einen Familienausflug in die Alpen kritisiert, bei dem ein 13-jähriges Mädchen zu Tode kam. Der Beschwerdeausschuss monierte den Abdruck des Fotos des Opfers und die Veröffentlichung zahlreicher Details aus dem Privatleben des Mädchens. Auch seine Familie sei durch die Berichterstattung öffentlich gemacht worden. Die identifizierende Berichterstattung ist laut Presserat nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gedeckt.
Die "Rheinische Post" verstieß aus Sicht des Ausschusses gegen das Trennungsgebot von Redaktion und Werbung. Der Artikel "Ketchup hilft der Caritas" habe sich laut Überschrift und Unterzeile mit sozialen Projekten des Ketchup-Herstellers Heinz beschäftigt. Er erwecke dadurch beim Leser Erwartungen, die der Text nicht erfülle. "Der Beitrag beschränkt sich auf die kurze und abstrakte Mitteilung, dass der Konzern eine Vertragsvereinbarung mit Caritas geschlossen habe. Details über den konkreten Umfang des Engagements erfährt man in dem vierspaltigen Beitrag jedoch nicht", heißt es. In den Artikel integriert waren jedoch die überdimensionale Abbildung einer Ketchupflasche sowie ein zweites Produktfoto. Diese Gewichtung sei unverhältnismäßig, so das Urteil.
Auch die "Sindelfinger Zeitung Online" wurde für den Artikel "Grundstoff für Biodiesel-Produktion" mit einer Rüge wegen Schleichwerbung abgestraft. Die "Goslarsche Zeitung Online" erhielt eine öffentliche Rüge wegen unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt. Das Portal hatte auf ein Video verlinkt, das zeigte, wie ein Jugendlicher einen anderen brutal zusammenschlägt. Nach Meinung des Ausschusses ist das Video dazu geeignet, Nachahmungstäter zu animieren. Der "Vogtland-Anzeiger" hatte in einem Kommentar über die angeblich unlauteren Motive einer Kritikerin in einem lokalpolitischen Streit spekuliert und der Frau ohne Ahaltspunkte unterstellt, sie übe die Kritik lediglich aus eigenem Interesse aus. Die Unterstellungen, die nicht mit einer Gegenrecherche belegt werden konnten, waren dem Presserat zufolge dazu geeignet, die Frau in ihrer Ehre zu verletzen.
Die zwei Beschwerdeausschüsse behandelten in ihrer Sitzung 271 Beschwerden, davon 198 Beschwerden gegen das Kirchen-Cover der Zeitschrift "Titanic". Neben den Rügen gab es zwölf Missbilligungen und 19 Hinweise. In 218 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet (davon 198 gegen "Titanic"). In drei Fällen wurde die Beschwerde als begründet angesehen, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet. Zwei Fälle waren nicht aufklärbar.