Wahlerfolg:
Die "Titanic" zieht ins EU-Parlament
Die Partei von Martin Sonneborn hat am Sonntag tatsächlich ein Mandat errungen. Jetzt will er gleich wieder zurücktreten - damit könnte die "Titanic"-Riege in Brüssel nachrücken.
"Nach einer sehr spannenden und sehr langen Wahlnacht scheint es, als wären die letzten Ergebnisse des Abends nicht unserer Phantasie entsprungen sondern korrekt, unbestreitbar und sehr gut! Wir legen uns wieder schlafen und schauen dann nochmal nach," postete um Mitternacht Die Partei auf ihrer Website. Die Satire-Vereinigung von Ex-"Titanic"-Chefredakteur und ADC-Ehrenmitglied Martin Sonneborn hat am Sonntag bei der Europawahl tatsächlich einen Sitz errungen. Der Wahlsieg stellt Die Partei nun vor organisatorische Schwierigkeiten.
Chef Martin Sonneborn will sein errungenes Mandat nur für kurz annehmen und ein Rotationsprinzip für den Abgeordnetenposten einführen, nach dem alle 30 Tage gewechselt wird. "Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33.000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate lang Übergangsgelder bezieht." Man würde die EU melken wie ein kleiner südeuropäischer Staat. Allerdings könnten die Parlamentsregeln diese Pläne durchkreuzen: Denn das Übergangsgeld gibt es erst, wenn ein Parlamentarier ein Jahr dabei war.
Das Personal, das parteiintern zur Verfügung stünde, rekrutiert sich dabei auch aus Teilen der "Titanic"-Redaktion. Laut der Website von Die Partei sind drei Verlagsmitglieder und der ehemalige "Titanic"-Chefredakteur Leo Fischer im siebenköpfigen Vorstand. Thomas Hintner, Senior Creative Director des Blattes, fungiert beispielsweise als Generalsekretär, Kollegin Martina Werner, Junior Creative Director, ist Vorstandsmitglied. Auch sonst sind das Presseorgan und die politische Vereinigung eng miteinander verknüpft: Ein Wahlkampfspot, den das ZDF nicht senden wollte, hatte eindeutig mehr Werbung für die "Titanic" als für Die Partei gemacht. Presseanfragen werden gleich an die "Titanic" weitergeleitet.
Sonneborn ist auch ohne Mandat ein viel beschäftigter Mann: Er arbeitet für die "ZDF heute show" und soll bald für den "Spiegel" eine Satirekolumne schreiben.
Die Unterstützung für Die Partei war groß: Sogar von seriösen Medien hatte Die Partei kurz zuvor Wahlhilfe erhalten. Sowohl die "Wiwo" als auch die "Huffington Post" hatten beide eine Empfehlung für die Sonneborn-Partei ausgesprochen. Auch der Wirbel um den abgelehnten Wahlspot beim ZDF dürfte nicht unerheblich zu einem größeren öffentlichen Interesse für die Vereinigung geführt haben.
Immerhin müssen schlussendlich laut Bundeswahlleiter 180.000 Bürger für Die Partei gestimmt haben, sie bekommt nun einen Sitz in dem Parlament, weil eine enstprechende Sperrklausel entfallen ist. Mit folgendem Wahlspot war Die Partei auf Wählerfang gegangen:
Der verbotene Spot mit der "Titanic"-Reklame: