"Er ist ein cooler Maniac, der immer eine Schar von Bewunderern um sich hat", sagt ein Ex-Kollege. Im Sommer überraschte der 55-Jährige mit einem gefühligen Porträt über Friede Springer. In ihrem Verlag wird Boldt, der als egozentrisch, aber dennoch freundlich gilt, erstmals als Chefredakteur wirken. Es sei "eine Art Experiment, wie viel Wahnsinn eine Redaktion aushalten kann", witzeln Journalisten. Eines ist gewiss: Dieser Rechercheur und sprachliche Teilchenbeschleuniger, Erfinder der "MM"-Liste der 500 Reichsten, verschafft dem Projekt "Bilanz" Aufmerksamkeit. Es heißt, Boldt habe längst den Job wechseln wollen. Trotz diverser Angebote hat ihn zuletzt wohl noch das Privileg gehalten, von seiner Lieblingsstadt New York aus über deutsche Konzerne zu berichten. Doch nun laufen dort steuerliche Sonderregelungen aus. Der Hanseat wäre ohnehin in seine Heimatstadt zurückgekehrt, wo seine Frau und sein Adoptivsohn leben.

Jetzt muss Boldt die Redaktion der deutschen "Bilanz" aufbauen, Synergien im Verlag nutzen und der Axel Springer AG frischen wirtschaftsjournalistischen Glanz verleihen. Zudem muss er nach Jahren als einzelgängerischer Autor auf Chefredakteur umschalten.


Autor: Judith Pfannenmüller

ist Korrespondentin für W&V in Berlin. Sie schaut gern hinter die Kulissen und stellt Zusammenhänge her. Sie liebt den ständigen Wandel, den rauhen Sound und die thematische Vielfalt in der Hauptstadt.