
Michael Nast:
"Du fragst dich schon, ob du als Artdirektor in Würde altern kannst"
Mit seinem Buch "Generation Beziehungsunfähig" wurde der Ex-Werber Michael Nast quasi über Nacht zum Erfolgsautor. Der langjährige Artdirektor ist ein Autodidakt. Wie der Aussteiger selbst zur Marke wurde, beschreibt W&V-Redakteurin Daniela Strasser.

Foto: Stephan Pramme für W&V
Michael Nast ist ein gefeierter Bestsellerautor, nicht zuletzt dank seines Werks "Generation Beziehungsunfähig". Darin trägt der 41-Jährige Anekdoten aus dem Single- und Beziehungsdasein zusammen, die er mit nachdenklichen Zeilen untermauert. Bei seinem überwiegend weiblichen Publikum kommt das offenbar bestens an: Auf seinen Lesereisen hängen bis zu 2.000 Menschen an seinen Lippen. Dabei ist der 41-Jährige kein Ratgeberautor im eigentlichen Sinn, sondern trifft mit seinen Themen schlichtweg den Nerv der Zeit.
Früher hat er viele Jahre als Artdirektor in der Werbung gearbeitet. Er war unter anderem für Antwerpes & Partner in Köln und für Scholz & Friends in Berlin tätig. Zwischendurch betrieb er sogar eine eigene Agentur namens Berlinerverhältnisse. Gerade schreibt er an seinem ersten richtigen Roman, der spätestens Anfang 2018 erscheinen soll.
Am Beispiel Nast kann man gut erkennen, was es dafür braucht, um selbst zur Marke zu werden:
#1: Sei selbst dein bestes Produkt
Nast ist weder ausgebildeter Werber noch hat er das Schreiben von der Pike auf gelernt. Er ist ein Autodidakt, der irgendwann mit Anfang 30 keinen Bock mehr auf die Werbung hatte. Damals habe die Sinnkrise eingesetzt, sagt er im Gespräch mit W&V: "Du fragst dich schon, ob du als Artdirektor in Würde altern kannst." Nast war nebenbei Blogger, verfasst seine Zeilen damals wie heute im gleichen schlichtsaloppen Berlinerisch, das er auch schnackt. Er wollte weg von der Werbung, machte das Hobby zum Beruf. "Ich bin nicht konstruiert", sagt er. Der Erfolg habe sich "eben so ergeben". Man kauft es ihm ab. Er hatte Förderer und Unterstützer, darunter etwa den Schauspieler Oliver Korittke. Genau besehen ist Nast also eine Trendmarke, die durch Word-of-Mouth-Marketing groß wurde und die plötzlich alle ganz geil finden.
#2: Verkaufe dich zum angemessenen Preis
"Sie können keine Marke werden, Sie müssen von Anfang an eine sein." Wie seine genau aussieht, darüber scheint sich Nast selber noch nicht ganz im Klaren zu sein. Er wäre gern einer, der mit hochwertiger Literatur glänzt statt mit Ratgeberschmus. Sein Buch kostet rund 15 Euro, für die Eintrittskarten zu seinen Lesungen verlangt er im Schnitt genau so viel. Er lässt sich von einer Agentur managen und verkauft sein Talent zu einem Preis, den sich auch Studenten locker leisten können.
#3: Werbung? Unnötig
Richtig Werbung für sich selbst macht Michael Nast nicht. Er ist eitel und mag es, wenn die Plakate für seine Lesungen in Berlin - und mittlerweile auch kleineren Städten - aushängen. Talkshowauftritte machen ihm keine Angst. Sein Produkt im klassischen Sinn bewerben will er nicht. Er hat es offenbar auch gar nicht nötig: Seine Zielgruppe hat er zu treuen Anhängern gemacht, die mittlerweile auch nachts schon mal an seiner Tür klingeln. Nast ist eine coole Marke, die Zuhörer stehen bei seinen Signierstunden Schlange. Mädels erröten und sind schüchtern, wenn sie ihr Buch von ihm signieren lassen.
#4: Sei präsent. Möglichst immer
Die Nähe zu seinen Lesern ist Nast wichtig. Nicht nur deswegen ist er viel auf Tour. Im Oktober startet seine nächste Lesereise. Das, worüber er selbst schreibt - Dating in Zeiten von Tinder und Facebook - mag er selbst nicht. Facebook beispielsweise nutzt er "zu 90 Prozent" beruflich. Immerhin tut er das effizient. Er postet Selfies von sich auf seinem Balkon, und auf der Bühne, das Publikum im Rücken.
Die klassischen 4 P des Marketings: Michael Nast ist geschickt darin, sie für sich selbst einzusetzen.