
"Ich finde, Sie haben das gut gemacht, Herr Jauch!"
Premieren-Gast Peter Struck lobt Günther Jauch nach dessen Talk-Premiere in der ARD. W&V Online stimmt dem Lob nur bedingt zu.
Man kann den neuen Günther-Jauch-Sonntagstalk in der ARD ansehen – man muss aber nicht. Sein Auftakt am Sonntag mit dem Thema "Zehn Jahre 11. September - War es richtig, in den Krieg zu ziehen?" hat zwar etwas andere Talk-Gäste als sonst ins Erste gebracht. Das und Jauchs Routine aus zig Jahren "Stern TV" bei RTL dürften dem ARD-Rückkehrer auch das Lob am Ende der Sendung von Premiere-Gast Peter Struck eingebracht haben. Der Ex-Verteidigungsminister wirft Günther Jauch kurz vor dem Abspann noch zu: "Ich finde, Sie haben das gut gemacht, Herr Jauch!"
Pro Jauch spricht, dass er mit Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann, Kriegsgegnerin Elke Heidenreich, Tanja Menz als Mutter eines gefallen Afghanistan-Bundeswehr-Soldaten, Ex-Verteidigungsminister Struck und dem früheren Burda-Manager sowie Afghanistan-Kenner Jürgen Todenhöfer eine gut gemischt Gesprächsrunde hinbekommen hat. Kluge Köpfe, die nicht die üblichen Talk-Blasen absondern und wild durcheinander schreien – das ist erfrischend. Ein Übriges tut der in langen Jahren eingeübte Betroffenheitsblick von Jauch und Einspieler, wie wir sie von Frank Plasberg oder auch von Jauchs "Stern TV" kennen. Die Nervosität zu Beginn bekommt Profi Jauch schnell in den Griff. Außerdem hat sich Jauch vor seinem Antritt im Ersten so bescheiden gegeben, dass wenig Reibungsfläche für Kritik bleibt. Gegen den neuen Talk spricht allerdings, dass das Genre in der ARD wirklich komplett ausgereizt ist. Und dass Jauch noch zu brav an die Sache rangeht.
Dass Jauch als Nachfolger von Anne Will an seinem ersten Sonntagabend 5,10 Millionen Zuschauer bei einem starken Gesamtmarktanteil von 18,6 Prozent für das Erste eingefahren hat, liegt sicher vor allem an seinem hohen Sympathiefaktor. Und an den Frauen: Wie Media Control in einer Sonderauswertung nachschiebt, verfolgten vor allem weibliche Fans seine Debüt-Sendung zum Thema "9/11": Rund 2,92 Millionen Zuschauerinnen ab 14 Jahren standen 2,15 Millionen Männern gleichen Alters gegenüber. Jauch liegt mit der nach ihm benannten Sendung über den Durchschnittswerten, die seine Vorgängerin auf dem gleichen Sendeplatz holte. Ob er das Niveau halten oder gar ausbauen kann – abwarten. Zumindest eine spricht Jauch das Können ab: "Da freuen wir uns doch ab sofort darüber, dass es 'Stern TV' jetzt auch in der ARD gibt. (...) Jetzt bin ich doch unsicher, ob man Jauch zum Bundespräsidenten wählen sollte", hat die Medienwissenschaftlerin Miriam Meckel, Lebensgefährtin von Will, getwittert.
Dass den Zuschauer mit der Talk-Flut wenig Gutes erwartet, zeichnet sich schon ab. Plasberg, bislang oft das Highlight der Gesprächswoche im Ersten, darf sich am heutigen Montagabend – zur Abgrenzung – mit dem bedingt ansprechenden Thema "Der blockierte Aufstieg" abmühen. Bisher fehlt auch der Jubelruf der ARD-Verantwortlichen, die sich von der neuen einheitlichen Anfangszeit der "Tagesthemen" im Zuge des Talk-Umbaus bessere Quoten für das Nachrichtenformat erhoffen.