
"Ihr seid zu doof oder zu leise": Sascha Lobo nimmt sich deutsche Bloggerszene vor
Eigentlich gelten Blogger ja als empfindliches Klientel. Aber auf der Re Publica ließen sich die Social-Media-Aktivisten von ihrem inoffiziellen Klassensprecher Sascha Lobo bereitwillig herunterputzen. W&V-Redakteur Frank Zimmer war dabei.
Wer auch immer Sascha Lobo auf die Liste der nervigsten Berliner gesetzt hat: An der Re Publica 2011 nimmt er offenbar nicht teil. Die Social-Media-Konferenz feierte am Mittwochabend ihren Digital-Irokesen im Friedrichstadtpalast.
Eigentlich wollte Lobo ja nur über Trolle referieren - über nervige Netzwerker also, die sich im Social Web mit provozierenden Diskussionsbeiträgen aufspielen. Aber vor den Trollen nahm er sich die Bloggerszene vor, von der ein nicht unbedeutender Teil im Friedrichstadtpalast vertreten war - "die besseren 2000", wie der Mann mit dem Hahnenkamm es formulierte. Der harte Social-Media-Kern gilt bekanntlich als empfindliche Klientel, aber von Lobo ließ man sich einiges gefallen. "Ihr seid zu doof oder zu leise, um in der Gesellschaft irgendeine Rolle zu spielen", erklärte er seinen Zuhörern.
Deutschlands Bloggergemeinde beschrieb er als eine Ansammlung von verhuschten Nerds, denen Spezialthemen und eine Handvoll gleichgesinnter Kommentatoren wichtiger sind als die offensive Verbreitung relevanter Inhalte. Mit mindestens einer Ausnahme: Sascha Lobo selbst. "Ich bin der Mann, der alles erklärt, was irgendwie http vorne dran hat", beschrieb er sein Dasein als Peter Scholl-Latour des Web2.0. Und: "Wenn jemand mich anruft, dann heißt das, dass er euch nicht anruft. Das ist nicht mein Problem, das ist euer Problem". Dabei sei er , Lobo, gar nicht so kompetent wie man glaube: "Viele denken ja, ich wäre schon seit 1904 im Internet, dabei blogge ich erst seit sechs Jahren".
Lobo attestierte seinem Publikum, in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Breitenwirkung bislang "versagt" zu haben. Ohnehin verwechselten viele im Saal Weltöffentlichkeit mit Twitter-Followern. Das sei absurd: "Bis vor kurzem gab es in Deutschland mehr Kajakfahrer als aktive Twitterer". Das Publikum applaudierte. Am Schluss gab es keine Nachfragen. Aber einen Ruf nach Zugabe.