
Lesetipp:
"New York Times": Lernen von Spotify
Das Magazin "Wired" hat sich die Strategie der Traditionszeitung "New York Times" angeschaut. Vor allem mit Blick auf die Zukunft - und Paid Content.

Foto: Screenshot The New York Times Company
Das Magazin "Wired" hat sich die Strategie der Traditionszeitung "New York Times" angeschaut. Vor allem mit Blick auf die Zukunft. Das Modell hat Vorbildcharakter: Die "Times" orientiert sich an erfolgreichen Inhalteverkäufern wie Netflix, Spotify und HBO. Der Fokus liegt auf Paid Content.
So sei das Hauptziel nicht wie früher, die Werbeerlöse zu maximieren. Stattdessen konzentriert sich der Verlag "Wired" zufolge darauf, die Digital-Abos der "Times" zur Hauptsäule des Geschäfts zu machen. Sodass die "New York Times " selbst dann noch Journalisten überall auf der Welt bezahlen kann, wenn die Druckerpressen einmal stillstehen. Die Zeiten als Medium auf Papier sind für die US-Zeitung offenbar schon Geschichte.
Wie die digitalen Audio- und Video-Riesen, denen es gelingt, mit Inhalten Geld zu verdienen, will auch die "Times" in sein Angebot investieren - in dem Fall also Journalismus - und "kontinuierlich neue Online-Services und Funktionen bieten", schreibt "Wired"-Autor Gabriel Snyder - er nennt als Beispiele hierfür personalisierte Fitness-Ratgeber, interaktive News-Bots und VR-Filme. Das Paket mach dann idealerweise das "Times"-Digital-Abo unentbehrlich für die Kunden und attraktiv für Nicht-Kunden. "Wir glauben, dass es viele viele Menschen gibt - Millionen von Menschen überall auf der Welt - die das wollen, was die 'NYT' bietet", zitiert "Wired" den "Times"-Chefredakteur Dean Baquet. "Und wir glauben daran, dass wenn wir diese Menschen erreichten, werden sie bezahlen, sie werden viel bezahlen."
Augenblicklich geben die Entwicklungen - trotz oder gerade wegen der Wahl Trumps zum US-Präsidenten - der "Times" Recht: Man habe zehnmal so viele Abo-Abschlüsse wie vor den Wahlen. Möglicherweise auch deshalb, weil die Leser Verlässlichkeit in Zeiten von Fake News suchen. 276.000 neue Digital-Abonnenten verzeichnete der Konzern im vierten Quartal 2016 - so viele wie seit 2011 nicht, als die "Times" mit ihrem Bezahlmodell startete.
Eine Rolle spielt das Werbeaufkommen natürlich weiter. Es ist allein im Digitalbereich des Verlags zwischen 2005 und 2010 um mehr als 100 Millionen Dollar gewachsen - um die Verluste von 600 Millionen Dollar in Printanzeigen zu kompensieren, reichte das bei Weitem nicht. 2010 lagen die Digitalumsätze bei 200 Millionen Dollar und kamen größtenteils aus Werbeeinnahmen; 2016 kratzte das Medienhaus an der 500-Millionen-Marke - und den Löwenanteil der Gewinne steuerten die Digital-Abos bei. Für Print und Digital gemeinsam meldete CEO Mark Thompson Anfang Februar mehr als 3 Millionen zahlende Abonnenten.
Bis 2020 peilt die "New York Times" 800 Millionen Dollar Digitalumsätze an - das würde dann, zitiert "Wired" einen der Manager, ausreichen, um das Kerngeschäft der "Times", die Nachrichtenbeschaffung sogar ohne ein Printprodukt zu finanzieren.
2016 lag der operative Gewinn des gesamten Unternehmens The New York Times Company bei 101,6 Millionen Dollar. Den Rückgang um 35 Millionen begründet der Medienkonzern mit geringeren Print-Anzeigenerlösen und höheren Kosten.
Mit dem eingangs genannten Musikstreamingdienst Spotify übrigens kooperiert die "Times" seit Kurzem: Wer ein Jahresabo bei der Zeitung über alle Angebote abschließt, bekommt Spotify Premium gratis dazu.
Den kompletten "Wired"-Artikel auf Englisch finden Sie hier.