
Stadtmarketing:
"Schenkt es München": Spott für neues Köln-Logo
40.000 Euro hat sich die Stadt Köln ihr neues Marketing-Logo kosten lassen. Seit der Vorstellung geht es in den sozialen Medien rund, denn viele Kölner erkennen alles Mögliche in dem Logo, nur nicht ihre Stadt. W&V Online hat Designexperten um ihre Meinung gebeten.
40.000 Euro hat sich die Stadt Köln ihr neues Marketing-Logo kosten lassen. Die verantwortliche Agentur Boros schuf ein zweifarbiges Zeichen, das sich mit wenigen Strichen auf das Wesentliche reduziert. Es zeigt das Wahrzeichen der Stadt, den Kölner Dom - dargestellt mit zwei Spitzen - und den Rhein, der als blaues Band die Türme kreuzt. Die Kölner Wirtschaftsdezernentin Ute Berg erhofft sich vom neuen Logo mehr "Durchschlagkraft" für das Marketing des Wirtschaftstandortes. In den sozialen Medien hat das schon mal funktioniert, denn dort geht es seitdem rund.
Viele Kölner erkennen alles Mögliche in dem Logo, nur nicht ihre Stadt. Etliche kritisieren es als "Kinderzeichnung" oder teuren Firlefanz - schließlich habe man schon ein hübsches Wappen. Sie lassen sich auch nicht vom Heimatblatt "Kölner Stadt-Anzeiger" mit der Information besänftigen, Düsseldorf habe für sein neues Logo immerhin 150.000 Euro ausgegeben. "Dafür gab es ein D mit zwei Punkten", so der Autor, der für Köln ein deutlich besseres Preis-Leistungsverhältnis errechnet.
"Schenkt das hässliche Logo München (M + Isar)", empfiehlt eine Leserin auf Facebook. Diese Assoziation hat auch Martina Hausel, Co-Founder & Creative Director bei der Münchner PR- und Designagentur Element C. W&V Online wollte wissen, was sie von dem Kölner Entwurf hält. "Wir finden Minimalismus grundsätzlich super, und Logos in reduzierter Designsprache sind einfach ein Klassiker. Aber hier ist dieser Minimalismus eher verwirrend: Durch die extreme Reduktion stechen dem Betrachter ja starke Formen wie Buchstaben ins Auge. Die erste Assoziation: Vielleicht M für München, durchquert von der Isar? Oder vielleicht Mainz? Köln liegt hier erst einmal nicht so nahe." Das finden auf Facebook auch einige Leipziger, die sich an das alte Messe-Logo aus DDR-Zeiten erinnert fühlen. Andere erkennen Ähnlichkeiten mit dem Logo der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen.
Norbert Möller, Executive Creative Director der Peter Schmidt Group meint: "Wenn ein Logo die Verdichtung einer Unternehmensidee ist, dann sehe ich im neuen Logo der Stadt Köln das Gegenteil, eine Auflösung. In der heutigen Zeit braucht es Prägnanz, um sich in den Medien durchzusetzen, die fehlt komplett. Eine Linienmarginalie macht noch kein Logo und auch kein Designsystem. Zum Glück hat die Stadt den Dom, den Rhein und die Kölner, die es mit Humor ertragen werden."
Davon konnte man sich auf Twitter überzeugen:
40.000 Euro hat das neue #Köln Logo gekostet.
Für gerade mal 5000 kann die Stadt Rostock sofort meinen Entwurf haben pic.twitter.com/4vdSFOt21Y
— Micky Beisenherz (@MickyBeisenherz) 25. März 2014
Aus aktuellem Anlass: Das neue Köln-Logo als hochwertiges Oldschool-Amiga-ASCII. http://t.co/TYbpMmASJJ pic.twitter.com/02XqvyEdPk
— Hendrik Neumann (@armselig) March 25, 2014
Also ich finde das neue #Köln-Logo sehr ehrlich. Die haben doch nichts außer Dom und Rhein. pic.twitter.com/VS1msWw3uH
— Medienheld (@Medienheld) 25. März 2014
Möln? https://t.co/XBoCSET4Xh #koeln #logo
— chriszim (@chriszim) 24. März 2014
Die Stadt Köln hat ein neues Logo, das offenbar das häufige Absaufen der Stadt in den Rhein würdigt: http://t.co/ePEWnCvAxk
— Mario Sixtus (@sixtus) 24. März 2014
Martina Hausel vermutet noch einen ganz anderen Zusammenhang: "Es gibt ja den Mythos, dass das eine oder andere weltbekannte Markenlogo beim Feierabendbier auf der Serviette entstanden ist. Vielleicht ist das neue Köln-Logo ja auch während einer Karnevalssitzung entstanden. Ist es vielleicht doch eine stilisierte Narrenkappe?"
Etliche Kommentatoren fühlen sich mehr an die Medizin erinnert, so auch Grafiker Matthias Geckert, der auf Facebook schreibt: "Ich weiß, wie schwer es als Kreativer ist, ein Logo zu entwerfen und jemandem klar zu machen, wieviel Zeit, Arbeit, zerknüllte Zettel und verlorene Nerven in sowas stecken... wenn ich das allerdings sehe... denke ich eher an ein EKG nach vorherigem Herzstillstand. Ganz unglückliche Wahl."
Aber es gibt auch Zustimmung und zumindest Verständnis für die Notwendigkeit eines Logos für das Stadtmarketing.
Das neue #Köln-Logo ist in Ordnung und 40000€ für monatelange Arbeit sind auch OK. Unwürdige Medienkampagne: http://t.co/Uyp2IWDxXD
— Michael Bundscherer⍨ (@typolis) March 26, 2014
Und Facebook-Nutzer Herbert Born schreibt. "Auch wenn mir persönlich das Logo nicht wirklich gefällt, eine solche Arbeit als Humbug, ein Logo als unnötig zu bezeichnen, zeugt von Unkenntnis kommunikativer Funktionen. Ein Logo ist eine (Bild- und/oder Wort)marke und eine Marke ist ein non-verbaler Kommunikationsinhalt wie z. b. ein Leistungsversprechen. Wer den Mercedes-Stern, die Audi-Ringe, das Mcdonald's "M" oder das FCB-Wappen sieht, weiß sofort, was er damit verbindet - ohne weitere Worte. Ein Wirtschaftsstandort wie Köln braucht eine solche Marke. Also nix mit: bruche mr nit, fott domit! Nur besser machen könnte es man schon!"
Für Uli Mayer-Johanssen, Chairwoman of the Executive Board bei MetaDesign, kommt die Kommentarflut nicht überraschend. "Markenprozesse für Städte und Regionen gehören zu den komplexesten und schwierigsten überhaupt", erklärt sie auf Anfrage von W&V Online. "Dass der Prozess für Köln und sein Zwischenergebnis in Form des neuen Logos in der Kritik stehen, ist unabhängig von seiner Qualität nachgerade eine Gesetzmäßigkeit. Geht es um die eigene Heimat, empfinden die Menschen den Versuch einer verdichteten Aussage in Form einer Visualisierung in der großen Mehrzahl als Trivialisierung, ja sogar als Anmaßung. Umso wichtiger ist die kommunikative Begleitung des Ganzen, die das Vorgehen plausibel macht und vor allem vor Augen führt, dass es um weit mehr geht als ein Logo. Hier ist für die Verantwortlichen jetzt der größte Handlungsbedarf."
fs/bb
Wer es selbst versuchen will: Die Grafikdesign-Plattform 99designs hat seine Community dazu aufgerufen, neue Vorschläge zu entwickeln. Rund 400 gibt es derzeit. Und auch die Kölner Agentur iConsultant ruft via Facebook zu einem alternativen Logo-Wettbewerb auf: "Kölle malt für umme".