
"Social Media bietet weit mehr als Crowdsourcing, Viral Videos und eine Facebook-Fanpage"
Elbkind ist Newcomer-Agentur des Jahres und eine der profiliertesten Social-Media-Schmieden der Republik. Im Interview mit W&V Online spricht Agenturchef Maik Königs über die Zukunft, das Potenzial und die Grenzen des öffentlichen Kundendialogs.
Elbkind ist eine der profiliertesten Social-Media-Agenturen der Republik. Im Interview mit W&V Online spricht Agenturchef Maik Königs über die Zukunft, das Potenzial und die Grenzen des öffentlichen Kundendialogs.
Herr Königs, im Web dürfen mittlerweile Schokoladensorten, Wurstaufstriche und Burger entwickelt werden. So richtig originell ist das jetzt nicht mehr. Ist die Innovationskraft von Social Media damit schon erschöpft?
Maik Königs: Meiner Meinung nach ist das alles erst der Beginn einer kontinuierlich weiter stattfindenden Entwicklung. Viele Unternehmen machen die ersten vorsichtigen Schritte im Bereich Social Media , während andere mit mutigen Innovationen voran gehen. Social Media bietet weit mehr als Crowdsourcing, Viral Videos und eine Facebook-Fanpage. Und das nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Menschen, die sich in diesen Umfeldern bewegen. Auf beiden Seiten bedarf es noch vieler Learnings und Überzeugung, diese Kanäle für die eigenen Zwecke richtig einzusetzen. Social Web ist ein hoch dynamisches Umfeld, gepaart mit einem Fundament aus Technologien, die mit unglaublicher Kraft und Energie vorangetrieben wird, so dass die nächste große Innovation oft nur wenige Wochen entfernt ist. Solange es kreative Köpfe gibt, die es schaffen, derartige Entwicklungen in Markenkommunikation umzusetzen, wird die Innovationskraft von Social Media nicht erschöpft werden.
Wie schwer ist es für eine Social-Media-Agentur denn, ihre Kunden von neuen Ideen zu überzeugen?
Diese Überzeugungsarbeit leisten wir seid drei Jahren und es fällt uns mittlerweile, auch dank ständig neuen Social Media-Erfolgsbeispielen, nicht mehr so schwer, die Kunden von den Vorteilen von Social Media zu überzeugen. Es ist doch wie bei fast allen Hypes: um nachhaltig erfolgreich zu sein, muss man frisch, innovativ, ideenreich sein und bleiben. Die Kunst ist es hier eher, mit wirklich neuen Ideen zu überzeugen, und nicht, die dritte Crowd-Sourcing Kampagne des Jahres als absolute Marktneuheit zu verkaufen. Kunden die heute ernsthaft Social Media einsetzen wollen, erwarten teilweise sogar diese sogenannten „neuen Ideen“. Denn das sich etwas verändert hat und dies ein fortschreitender Prozess ist, bei dem man mit Penetration nicht wirklich weiter kommt, das haben heute schon viele Kunden erkannt.
Theoretisch könnten Markenartikler ja strategische Konzepte oder sogar Personal-Entscheidungen öffentlich zur Diskussion stellen. Wo ist die Grenze beim Social-Media-Dialog?
Grenzen sind von Unternehmen zu Unternehmen und von User zu User unterschiedlich und eine ganz individuelle Entscheidung. Da ist es eine Frage des Verständnisses für beide Seiten, ein sinnvolles Social-Media-Engagement zu schaffen. Man kann es sich so vorstellen: Ich stelle mich vor alle meine Freunde und Bekannte und Frage: wie findet ihr mein Outfit. Wenn nun 90 Prozent an meiner Hose etwas auszusetzen haben, dann kann ich mal über eine Änderung nachdenken. Ich sollte mich aber nicht komplett neu anziehen lassen, denn dann wäre ich nicht mehr ich. Es gilt also eine gesunde Abgrenzung aus Selbst-Verbesserung ,Selbstaufgabe und Kontrollverlust zu wahren. Diese Balance muss für jedes Unternehmen, für jedes Vorhaben im Social Web individuell betrachtet werden.
Wir sind ja gerade in einem Super-Wahljahr. Wie schätzen Sie das Social-Media-Potenzial der Parteien ein?
Potenziale gibt es reichlich! Bisher sind mir aber im Super-Wahljahr keine besonderen Engagements ins Auge gestochen. Vielleicht scheuen gerade in Deutschland die Parteien auf Länder oder Bundesebene den wirklichen und ehrlichen Dialog mit den Wählern. Die Parteien setzen zum größten Teil auf Althergebrachtes. Wir leben ja in einem Land das immer älter wird. Noch kann man da einen Großteil der Wähler mit klassischen Rezepten erreichen und zu einem Kreuzchen bewegen.
Dass jüngere, nachwachsende Zielgruppen mit Wahlplakaten und Streitgesprächen im TV aber mal so gar nichts anfangen können, davor verschließt man in Deutschland viel zu sehr die Augen. Man denkt auch hier oft nur in Legislaturperioden...Um auf die Frage zurück zukommen: Ich glaube, spätestens seit Obama muss das Potenzial nicht mehr diskutiert werden. Woran es jetzt noch fehlt, ist Mut und Energie auf etwas Neues aufzuwenden.
Am Wochenende ist bei Ihnen in Hamburg gewählt worden. Es gilt das Wahlgeheimnis. Aber welche Kampagne hat den Social-Media-Experten Maik Königs am besten gefallen?
Da muss ich zunächst einmal fragen: Gab es eine speziell auf Social Media ausgelegte Kampagne? Mich hat nichts der Gleichen erreicht. Es fällt auch grundsätzlich schwer, Social Media-Aktivitäten als Kampagne zu bezeichnen. Das Facebook-Profil einer Partei macht noch lange kein echtes Engagement. Ich will aber der SPD und der FDP wenigstens den Versuch unterstellen, es mit den sozialen Netzwerke probiert zu haben. CDU, Die Linke und Andere waren - zumindest in Hamburg, überhaupt nicht zu bemerken. Schade, denn Onlinediskussionen, Politiker-Chats oder Ähnliches wurden meines Wissens nur von der GAL geführt. Im Kopf bleiben mir nur die etwas peinlichen Wahlkampfplakate.