Das sieht der bekannte deutsche Namenserfinder Manfred Gotta (Agentur Gotta Brands) genauso. "Bei einer Fusion will ich nicht mit dem Namen des anderen leben, da spielen Befindlichkeiten eine Rolle. Deshalb wird ein neutraler Name gesucht." Ein anderer Grund für eine Umbenennung ist ein Imagewechsel: "Wenn die Ruhrkohle AG keine Kohle mehr hat, braucht sie einen neuen neuen Namen." Gotta hat für den Konzern den Namen Evonik gefunden. "Oder wenn die Citibank aus rechtlichen Gründen ihren Namen nicht mehr verwenden darf." Gotta verpasste ihr den Namen Targobank.

Autos nannte er Vectra, Smart, Twingo oder Panamera. Wie kommt man auf solche Ideen - trinkt man Sekt, setzt sich auf eine Parkbank und wartet auf den Geistesblitz? Gotta lacht. "Nein, es geht nicht wie bei Daniel Düsentrieb, plötzlich leuchtet das Lämpchen auf." Vor allem gelte es genau verstehen, was der Kunde will: "Man muss ganz genau zuhören!" Wie zum Beispiel einem jungen Schauspieler, der einen Künstlernamen suchte und schließlich sagte, wenn er ein Auto wäre, wollte er ein Audi sein.

Ein neuer Name muss zur Person, zum Produkt, zum Unternehmen passen, seine Positionierung klar machen, auf Inhalte und Markenwerte verweisen, unverwechselbar sein, gut klingen, sich leicht merken lassen, international verwendbar sein, sich rechtlich schützen lassen. Und im Idealfall "auch noch eine Story erzählen. Aber es ist selten, dass das alles erreicht wird", sagt Sanjosé.

Seine Methode: "Ganz wild und frei denken, alles ist erlaubt. Aber auch systematisch vorgehen." Er schaut sich alle in Frage kommenden Bedeutungsträger an, durchforscht Wörterbücher, sucht Metaphern. Für ein Unternehmen für Spezialbeleuchtung fand er so den Namen Feno, in Anlehnung an das griechische Wort Phänomen, Erscheinung.

Gotta arbeitet mit freien Mitarbeitern. Wenn er einen Namen für eine Panzerschmiede sucht, würde er keinen Soldaten fragen: "Das wär genau das Falsche. Der nennt alle Tiere, die beißen." Wenn er Ärzte nach einem Namen für eine neue Arznei frage, "dann endet alles auf -don oder -an. Denen fällt ein, was sie kennen", sagt Gotta. "Aber das Naheliegendste ist langweilig, das hakt man schnell ab."

Ein guter Name dagegen sei, "wenn jeder erst mal fragt: Was soll das heißen? Dann kann ich das Wort füllen mit der Bedeutung, die ich will", sagt Gotta. Deshalb sei Geheimhaltung so wichtig - bei einer Pressekonferenz könne das Unternehmen dann selbst bestimmen, was der Name bedeuten soll, wie es künftig gesehen werden will. "Wichtig ist, dass der Name diskutiert wird."

Sanjosé nennt ein Beispiel: "Zalando heißt erst mal gar nichts. Aber mit Inhalt verbunden, funktioniert der Name sehr gut." Es gebe Millionen willkürlicher Buchstaben-Kombinationen, die gut klingen und nachträglich aufgeladen werden. Ein Trend: "Ein Hauch von Kunstnamen wird sehr gern genommen", sagt der Werbefachmann.

Die kreative Phase dauert vielleicht zwei, drei Monate. Einige Kandidaten überleben die Sprachprüfung nicht, andere fliegen aus rechtlichen Gründen raus. Im sogenannten "Hausfrauentest" wird ausprobiert, wie normale Menschen auf einen Namen und das Konzept dahinter spontan reagieren.

Manche Unternehmen sparten sich das alles und mussten Lehrgeld zahlen. "Wie kann Mitsubishi ein Auto mit dem Namen i-Miev auf den Markt bringen? Das passiert, weil die Namensfrage unterschätzt wird", sagt Gotta. "Eine Fluggesellschaft hat sich mal EMU genannt! Der Emu ist ein Vogel, der nicht fliegen kann."

In Deutschland gibt es den i-MiEV (Abkürzung für Mitsubishi integrated Electric Vehicle) übrigens nicht mehr. Die japanische Marke verwendet in diesem Markt jetzt den ganz schlichten Begriff Electric Vehicle (Elektrofahrzeug).