
Blattkritik:
100 Tage Margit Mayer: So ist die deutsche "Harper's Bazaar"
Seit 2014 wieder in Deutschland am Kiosk: "Harper's Bazaar". W&V Online hat das Luxusmagazin durchgeblättert, um zu sehen, was Margit Mayer und ihr Team aus der Medienmarke machen.
Die deutsche Ausgabe von "Harper's Bazaar" wurde zum Jahresbeginn wiederbelebt: Hubert Burda Media bringt das Luxusmagazin heraus; verantwortlich für die Medienmarke ist innerhalb des Konzerns die Burda Style Group unter Geschäftsführerin Manuela Kampp-Wirtz. Mit Chefredakteurin Margit Mayer erscheint der Titel nun wieder monatlich.
W&V Online hat sich den Hochglanztitel angeschaut: Wie übersetzen Mayer und ihre Mannschaft das international renommierte Magazin in moderne Zeiten?
Der erste Eindruck: Burda und Mayer servieren Bewährtes. Das Layout ist genau so, wie man es von Hochglanz-Modetiteln kennt - nicht mehr und nicht weniger. Auch die Ressortaufteilung und-abfolge riskiert nicht, die Leserinnen vor den Kopf zu stoßen.
Die Tücke liegt eher im Detail. Etwa bei der Produktauswahl für "Bazaar Loves": Da sind Federballerinas zu sehen, die weder schön noch praktisch sind - außer, um den Boden damit zu wischen. Damit diese Assoziation auf jeden Fall klappt, ist der passende Staubfeudel gleich mit abgebildet, die Schlagzeile lautet "Oh, wie putzig!".
Oder in der als Comic inszenierten Strecke über den Besuch der Chefredakteurin bei Designer Dries van Noten. Sinnfreie Sprechblasen geben der Leserin Einblick in Mayers Gedanken und Aussagen angesichts der Van-Noten-Ausstellung im Louvre. Die sind dann so aufschlussreich wie "Und was steht dort? The Blue Lagoon. Uh-oh ...", "Findest du nicht auch, dass Prince mich anlächelt?" oder "Ist die Alarmanlage jetzt gerade auch an?" Sogar ein Gemälde kommt zu Wort: "Ich bin Kunst, okay. Aber die rote Dries-Jacke sieht echt bequemer aus ...", sinniert der abgebildete Soldat, der seine Uniform falsch herum trägt. Der Film, der in unseren Köpfen dazu ablief, handelte von einer kopfschüttelnden Leserin, die diese Offenbarung der Albernheit zur Seite legt und lieber ihr Chanel-Täschchen schnappt und Shoppen geht. (Comic-Elemente begegnen uns übrigens ganz scheu auf zwei weiteren Seiten wieder - aber so selten und unpassend platziert, dass es nicht so aussieht, als sollten sie die neue Bildsprache prägen. Eher, als würden sich die Macher ein wenig genieren, Sprechblasen und Lautmalerei einzusetzen.)
Ein bisschen abseitig wirkt die Geschichte über das Topmodel Stephanie Seymour und ihre Söhne - eine aus der US-Ausgabe übernommene Fotostrecke. Die einen Tick zu knabenhafte Inszenierung der Jungs, die 17 und 20 Jahre alt sind (ebenso wie ihre 45-jährige Mutter deutlich jünger zurechtgemacht), mag selbst die von Burda als "unkonventionell und extravagant" skizzierte Zielgruppe vor den Kopf stoßen.
Irritierend: In der ersten Ausgabe verkaufte die Redaktion ein Wellness-Thema mit einem Hitler-Foto neben der Badewanne und inhaltlichen Anspielungen auf den Selbstmord des Nationalsozialisten.
So ganz ist uns nicht klar, wo "Harper's Bazaar" reloaded 2014 hinwill. Ob es die Leserinnen der "durchschnittlich geplanten Druckauflage" von 170.000 Heften pro Monat wissen, wagen wir zu bezweifeln. Aber immerhin bekommt, wer nur oberflächlich blättert - und dazu sind solche Titel ja auch irgendwie da - genug Luxuswaren und Designermode zum Schwelgen in Opulenz und Reichtum.