
50 Jahre W&V:
1982: Werbung in Zeiten des Eisernen Vorhangs
1982 feierte der Playboy seinen zehnten Geburtstag und Renault bat zu den Pinseln.
Für die Werbe- und Medienbranche gehörte es seit jeher zum guten Ton, in W&V zu werben und auf die Leistungen der herausgegebenen Medien hinzuweisen. Die Motive geben einen aus heutiger Sicht oft amüsanten Einblick in die Entwicklung der Unternehmen und ihrer Portfolios.
Das Stuttgarter Datenverarbeitungsunternehmen Taylorix verspricht Kreativen mit seiner Hard- und Software eine Entlastung von Kalkulations- und Administrations-Jobs, darunter die Verwaltung von Kunden, die Erstellung von Mediaplänen und Controlling. Das gemeinsam mit "qualifizierten Spezialisten" entwickelte Programm "kann mehr, als sie für möglich halten", wirbt das Systemhaus.
1982 hatte der Essener Verlags- und Druckereikonzern Girardet noch zahlreiche Fachzeitschriften wie den "Industrie-Anzeiger" (heute Konradin) im Portfolio. Geld brachten Girardet aber nicht zuletzt zahlreiche Druckaufträge der Bauer-Gruppe (u.a. "Quick", "Neue Revue"). Dann baute Bauer seine Druckerei in Köln aus. Auf den Verlust des Großkunden schlecht vorbereitet, geriet Girardet in Turbulenzen, musste sich Mitte der 80er-Jahre aus Geldnot von Verlagsaktivitäten trennen und meldete später Insolvenz an.
Das Rote VIB ist da, vermeldet Burda – und meint damit ein "Very Important Book" mit allen Daten und Fakten zum Werbeträger "Bild+Funk". Wer es rasch anfordert, kann einen von 25 Video-Recordern gewinnen. Als Kontakt wird Branchenurgestein Lothar Nadler genannt.
Der deutsche "Playboy" feiert bald seinen zehnten Geburtstag, wirbt der Herausgeber Bauer – und verweist auf die stattliche Auflage von 441.000 Exemplaren. Geschossen wird zudem auf den Wettbewerber "Penthouse", auch wenn dieser nicht namentlich genannt wird. Dieser verkündete zum Start, den "Playboy" binnen eines Jahres überrunden zu wollen.
Die Nordwestpresse wirbt in einer Anzeigenserie für ihren Wirtschaftsraum Nordwest mit allerlei Lüsten und Vorlieben der Friesen – hier etwa mit einer besonders segelfreudigen Bevölkerung.
Die US-Zeitschrift "Advertising Age" war vorübergehend mit dem monothematischen monatlichen Titel "Advertising Age’s Focus" auch in Deutschland und anderen europäischen Märkten aktiv und bewirbt ihr Heft in W&V als Werbeträger. Argument: "Europaweite Anzeigenwerbung ist nicht so kostspielig, wie sie vielleicht denken."
Der Tätigkeitsbereich der Deutsche Eisenbahn-Reklame DERG erstreckte sich dem damaligen Werbetext zufolge nur "von Aachen bis Helmstedt". Dort setzte der "eiserne Vorhang" bis zur Wiedervereinigung den DERG-Werbemöglichkeiten und -Angeboten eine Grenze.
Der Autohersteller Renault veranstaltete einen Gestaltungswettbewerb zu seinem Kult-Fahrzeug R4. Kreative und Maler sollten in einer von sechs Gestaltungskategorien wie Grafik oder Foto einen R4 in Szene setzen. Zu gewinnen gab es unter anderem R4-Modelle. Als eigenes Fahrzeug bevorzugten Werber diversen W&V-Befragungen zufolge aber BMW, Porsche und Alfa Romeo.
Der Autorennsportler Stefan Bellof war in der Vor-Schumi-Ära eine bekannte Größe in Deutschland. Seinem Wikipedia-Eintrag zufolge war er der erste deutsche Rennfahrer, der einen Weltmeistertitel auf der Automobil-Rundstrecke erringen konnte. In der Saison 1984 wurde er Langstrecken-Weltmeister, Deutscher Rennsportmeister und Fahrer-Europameister. Hier sucht er einen Sponsor. 1985 hatte er allerdings einen tödlichen Unfall.
Mit typischen 80er-Jahre-Klischees trommelt "TV Hören + Sehen" für seine Leserschaft, die demnach größtenteils bieder, brav und bürgerlich ist. Das Blatt unterstütze daher bei der "Familienplanung" schreibt Herausgeber Bauer mehrdeutig.
Im rasch wachsenden EDV-Markt in Deutschland richtete sich das 1981 gestartete Monatsheft "Micro Computerwelt" vom CW-Verlag (u.a. "Computerwoche") an die Zielgruppe kleine und mittlere Betriebe, auch KMU genannt. 1985 ging das Blatt in der eineinhalb Jahre zuvor gestarteten Zeitschrift "PC-Welt" aus dem gleichen Verlag auf.
Werber sollten mal wieder einen Blick in "die motivierte Illustrierte" "Quick" werfen, empfiehlt das Blatt. Es habe sich im Laufe der Jahre behutsam gewandelt – genauso, wie aus dem VW Käfer ein VW Golf geworden sei.
Ohne lange Worte: Der Verlag Dow Jones kündigt die ab Januar 1983 erscheinende Europa-Ausgabe der US-Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal" an.
Ein weiterer in vielen Teilen der Welt verfügbarer Titel ist der "International Herald Tribune" (IHT). Das Blatt mit Hauptsitz in Paris ist eine weltweite Ausgabe der "New York Times" und gehört zu deren Mediengruppe. Hier vermeldet die Zeitung ihren neuen Druckstandort in Singapur.
Statt mit den üblichen Bauernregeln wartet der Bauer-Verlag mit alten "Bauer-Regeln" auf. Eine davon lautet im Hinblick auf die vierteljährlich veröffentlichten IVW-Auflagenzahlen, man solle das Quartal nicht loben, bevor das nächste komme. Das Bauer-Blatt "Fernsehwoche" verkaufte damals 2,6 Millionen Exemplare pro Woche. Heute ist es nur etwa ein Fünftel davon.