
Pressearbeit:
6 PR-Patzer, die sich leicht umgehen lassen
Neue Tipps für PR-Agenturen, deren Auftraggeber und ja, auch uns Redakteure: Worthülsen, Kampfansagen und unfreiwillige Komik sorgen für Gelächter, aber selten für Verbreitung.
Neue Tipps für PR-Agenturen, deren Auftraggeber und ja, auch uns Redakteure: Worthülsen, Kampfansagen und unfreiwillige Komik sorgen für Gelächter, aber selten für Verbreitung. Wir haben an dieser Stelle vor Kurzem schon einmal ein paar unglückliche Formulierungen und Phrasen aufgespießt, die wir in Pressemitteilungen, aber auch in eigenen Texten nicht mehr lesen möchten. Ein paar neue sind seither hinzugekommen.
Unternehmen XY setzt auf Expertise neuer Manager
Klingt ja einfach: Die neuen Manager haben also ein Gutachten angefertigt, dem die Firma entnehmen kann, wo es langgeht. Schade nur: Das steht da zwar, gemeint ist aber, dass drei neue Führungskräfte eingestellt wurden, die sich echt gut auskennen in ihren Fachgebieten. Der Begriff "Expertise" wird in Wirtschaft, PR und Journalismus leider immer häufiger falsch verwendet. Klingt er doch nach immensen Fachkenntnissen - und offenbart deren komplettes Fehlen, zumindest auf dem Fachgebiet Sprache. Denn er bedeutet leider etwas ganz anderes. Gutachten nämlich.
Alternativvorschläge für Pressemitteilungen wie die zitierte: Fachwissen, Kompetenz – oder gleich: "Firma XY stellt drei Experten ein."
Mit dem digitalen Binnenmarkt die digitale Kluft überbrücken und eine revolutionäre Dynamik entfesseln
Die wunderbare Welt der Adjektive: Viel geschwallt und wenig gesagt wird in dieser Überschrift einer Presseinformation. Hinzu kommt: Zweimal dasselbe Adjektiv, "digital", löst Verwirrung aus. Einmal ist es Teil des Problems, einmal Teil der Lösung. Wenn man sich das bildlich vorstellt, hat man schneller als gedacht eine tektonische Plattenverschiebung vor dem inneren Auge, die angesichts ihrer Dynamik so viele Welten vernichtet, wie sie zu erschaffen sucht.
Tipp: Sag, was du meinst. Im oben genannten Fall könnte das etwa sein: "Ausschuss XY fordert konkretere Ideen für die Digitalisierung der Wirtschaft." (Zumindest haben wir den Rest des geschwollenen Textes so interpretiert.)
XY startet Werbeoffensive für XYZ
Ja, das hatten wir doch schon: Alles startet, nichts beginnt mehr. Und eine Offensive muss es mindestens sein. Wenn die sich dann als Plakataktion in weniger als 20 deutschen Städten mit ein wenig Online-Garnitur entpuppt, wird es noch peinlicher.
Neugieriger hätte uns wohl gemacht, wenn wir ein Appetithäppchen zur feinen Kampagne bekommen hätten. Was ganz Konkretes.
(Produkt) erobert Android- und Fire TV
Das drischt in dieselbe Kerbe: "erobert" – ja, klar. Der charmante Romeo mag das Herz seiner Julia erobert haben, die Römer ganz Gallien (außer diesem einen Dorf). Wenn aber wie hier gemeint ist, dass ein Angebot künftig auf bestimmten Plattformen verfügbar ist, sind diese noch lange nicht erobert.
Die Begriffsdefiniton hierzu: "1) (ein fremdes Land, Gebiet o. Ä.) durch eine militärische Aktion an sich bringen; 2) durch eigene Anstrengung, Bemühung oft gegen Widerstände erlangen, erhalten, gewinnen" (zitiert nach Duden, Sie wissen schon, das gelbe Buch da).
Wir hoffen mal, dass das eingangs zitierte Medienunternehmen weder eine militärische Aktion durchgezogen noch gegen enorme Widerstände gekämpft hat. Wenn dann auch noch die einfachsten Kopplungsregeln nicht beachtet werden, ist unser Interesse endgültig erloschen. Gemeint ist hier, dass sowohl Android-TV als auch Fire-TV neue Verbreitungswege sind. Dann muss das auch bitte so da stehen.
Besser hätte es also heißen sollen: "(Produkt) nun auch als App auf Android- und Fire-TV verfügbar."
... neues Video released. Am (Datum) hostet (Firma) die (Veranstaltung)
Der Irrglaube, möglichst viele englische Begriffe würden unglaublich jung machen - veröffentlichen war gestern, heute wird "released"!, "hosten" ist genauso ein Unsinn, vor allem, weil es auf Deutsch praktisch nicht lesbar ist – dieser Irrglaube also beziehungsweise dessen schriftliche Umsetzung wird dann absurd, wenn die Zielgruppe nicht zwangsläufig furchtbar jung ist (Journalisten zwischen 18 und 67 Jahren), sondern nur die Leute, um die sich die erwähnte Aktion bemüht. Daher schon mal komplett daneben.
Wenn dann im Folgenden noch der unvermeidliche "Event" auftaucht, auf dem junge und etablierte Kreative "zusammen kommen" (sic!), ist Schluss mit unserer Geduld.
Hier unser Übersetzungsvorschlag: " ... neues Video veröffentlicht. Am (Datum) lädt (Firma) zur (Veranstaltung)." Statt Event: Sagt uns, worum es geht: Party, Abendessen, Fachkräftetreffen – was geschieht bei euch? Und schließlich: Wenn ihr "zusammen kommt", ist das erfreulich, in diesem Kontext aber sehr irreführend, sofern es sich bei dem ominösen Event nicht um das Treffen der SGO (Selbsthilfegruppe gleichzeitiger Orgasmus) handelt. Oder das zeitgleiche gemeinsame Eintreffen am Veranstaltungsort Teil der Abendplanung ist.
Blumenversender sprechen mit Emotionen und Konditionen
Das ist ein sehr interessanter Ansatz: Bestimmt hatten die Emotionen und Konditionen eine Menge darüber zu sagen, wie sie sich die Zusammenarbeit mit den Blumenversendern vorstellen.
Da wünschen wir uns: Lasst Blumen sprechen! Nein, aber informiert uns in einer Presseinformation, die von einem Vergleich verschiedener Onlineanbieter handelt, doch einfach über das spannendste Ergebnis der Untersuchung. Wie diese erfreuliche Tatsache (Ironie an): "Eine Mehrzahl der Online-Blumenshops fügen (sic) dem Blumengruß noch kleine Gratisgeschenke bei." Ja, da fragen wir mal die Konditionen: Ist es noch ein Geschenk, wenn es etwas kostet?