Wettbewerbs-Streit:
Abgekupfert? New York Festival wirft Cannes Regel-Klau vor
Alles neu - oder doch schon alt? Das überarbeitete Jurierungssystem des Werbefilmfestivals in Cannes basiere auf dem vier Jahre alten Prozedere der New York Festivals. Das zumindest sagt Jim Smyth. Er ist CEO der International Awards Group, die die New York Festivals ausrichtet.
Alles nur geklaut? Das neue Jurysystem des Werbefilmfestivals in Cannes basiere auf dem vier Jahre alten Prozedere der New York Festivals. Das zumindest sagt Jim Smyth. Er ist CEO der International Awards Group (IAG), die die New York Festivals (NYF) ausrichtet, dazu auch die AME Awards für effiziente Werbung und den Preis Midas für die beste Finanzkommunikation.
Cannes soll, so schreibt Smyth, den Jurierungsprozess der NYF kopiert haben. Vorige Woche kündigte der Cannes-Lions-Veranstalter an, in der Kategorie Media Lions nunmehr ein zweistufiges Verfahren einzusetzen. In einer ersten Runde werde die Shortlist ermittelt, indem 40 Media-Profis in acht Untergruppen aussieben. Aus jeder dieser Runden werde dann ein Mitglied in die Preisverleihungs-Jury entsandt. Media-Jury-Vorstand Jack Klues (VivaKi) werde jede Gruppe besuchen, aber in der ersten Runde keine Stimme abgeben, sondern erst mit den acht anderen Juroren Grand Prix, Gold, Silber und Bronze vergeben.
Für die Änderung gab es einen konkreten Anlass: Einen Skandal wie 2012 - mit dem Verdacht auf Schiebereien in Folge überrepäsentierter Agenturgruppen ("Adage") will Cannes in diesem Jahr unbedingt verhindern. Die Ober-Juroren kommen daher heuer aus acht verschiedenen Agentur-Networks. Und es wird entzerrt: 2012 hatten in der Kategorie Media die damals 31 Juroren für 3000 Einsendungen gerade mal sechs Tage Zeit (und diese waren meist deutlich länger als acht Arbeitsstunden).
Eine zweistufige Auswahl erscheint angesichts dieses Pensums durchaus sinnvoll. Doch die IAG wittert Ideenklau. "Cannes Lions hat die vier Jahre alten Juryrichtlinien des New York Festivals kopiert", sagt CEO Smyth. Auch hier sichtet zunächst eine große Jury alle Einreichungen und stellt hieraus eine Nominiertenliste zusammen, die anschließend 30 Haupt-Juroren nach einem neuen Bewertungssystem mit Punkten bedenken. "Es ist sehr unschön, dass eine so große und erfolgreiche Organisation wie Cannes Lions es nicht schafft, ein eigenes Jurierungssytem einzurichten, ohne unsere Neuerungen zu kopieren und so einen weiteren Skandal oder gar einen Rechtsstreit zu riskieren", poltert Jim Smyth in einer öffentlichen Erklärung der IAG. Denn für das Matrix-Bewertungssystem der New York Festivals laufe sogar ein Patentantrag der IAG, um "unser geistiges Eigentum vor Kopisten zu schützen", stellt Smyth klar.
Es obliege der Verantwortung von Wettbewerbs-Ausrichtern, sagt Smyth weiter, "ehrliche und wirksame Bewertungssysteme zu entwickeln". Dafür zu sorgen sei nicht Sache der Einreicher. Das Prozedere der IAG bezeichnet er als "kugelsicher" gegenüber Betrugsversuchen, weil Juroren keine eigenen Arbeiten (auch nicht aus dem Agenturverbund) bewerten dürften. Darüber hinaus sei die Jury der NYF mit mehr als 370 Mitgliedern und 30 Jury-Chefs die größte Werbejury überhaupt, die damit eine enorme Erfahrung aufweise.