Alex hatte glücklicherweise Zeit für ein Inteview.

Alex, du hast mir erzählt, dass Karin gerade Mutter geworden ist. Die ganze Arbeit bleibt also bei dir und deinem Praktikanten hängen. Aber sag mal: Wo ist eigentlich Lesley Moore?

Alex Clay: Der ist gerade nicht da. Zumindest sagen wir das den Leuten, die hier anrufen und nach Lesley Moore fragen.

Ganz im Ernst: Woher kommt der Name?

Lesley Moore ist ein Kunstbegriff. Ein fiktiver Designer, dessen Namen wir aus dem Motto "Less is more" abgeleitet haben, das uns und unsere Arbeiten prägt. Ein Stück weit ist Lesley Moore aber auch ein ironischer Seitenhieb auf Büros, die von einem großen Kopf, einem Star, geleitet werden. Wir zelebrieren einen Personenkult – obwohl es die Person gar nicht gibt.

Du und Karin, ihr habt euer Büro vor über zehn Jahren gegründet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Wir kannten uns aus dem Studium und von vorherigen Agenturen, in denen wir beide gearbeitet haben. Wir wussten einfach, dass wir dieselbe Design-Philosophie haben. Wir haben ein Gespür dafür, wie der jeweils andere denkt und arbeitet. Dieses Verständnis ist für uns und unsere Arbeit unglaublich wichtig.

Habt ihr nie den Drang verspürt, als Agentur zu wachsen?

Es stimmt schon, bei manchen Projekten fühlen wir uns so, als hätten wir nicht genügend Hände, um die ganze Arbeit erledigen zu können. Aber wir haben auch gemerkt, dass wir uns nicht wohlfühlen, wenn wir sie delegieren. Wir sagen immer: "We are makers, not Project Managers." Auch die Zahl der freien Mitarbeiter, mit denen wir zusammenarbeiten, haben wir daher etwas reduziert.

Aber Projekte wie eben das Design für das "Dutch National Opera & Ballet" lassen sich zu zweit kaum realisieren, oder?

Beim "Dutch National Opera & Ballet" hatten wir zum Beispiel einen externen Projektmanager mit einbezogen. Und die Fotografien und Slowmotion-Aufnahmen stammen von Petrovsky & Ramone.

Wie seid ihr eigentlich zu dem Projekt gekommen?

Durch einen klassischen Pitch. Zwanzig Agenturen wurden eingeladen – drei davon haben am Ende ihre Ideen präsentiert. Dass wir dort dabei waren, hat uns selbst überrascht. Eigentlich hat es uns auch schon überrascht, dass wir überhaupt eingeladen wurden. Weil wir eben eine so kleine Agentur sind.

Aber das "Dutch National Opera & Ballet" war ja nicht eure erste Arbeit für eine Kulturinstitution ...

Genau. Wir hatten vor ein paar Jahren bereits das Design für das Centraal Museum in Utrecht gemacht. Hierfür haben wir den Dutch Design Award 2012 erhalten – das ist für niederländische Agenturen vielleicht der wichtigste Preis. Als kleine Agentur nehmen wir eigentlich nur selten an Kreativwettbewerben teil. Wir haben da ein zwiegespaltenes Verhältnis: Sie sind für uns oft zu teuer, die Aufbereitung zu aufwändig. Das ist für ein Team aus zwei Personen kaum machbar. Und dennoch haben wir erlebt, dass wir ohne die Aufmerksamkeit des Dutch Design Award nicht die Bekanntheit hätten, die wir heute besitzen.

Warum glaubst Du, habt ihr letztlich den Zuschlag für das Projekt bekommen?

Man muss hier noch einmal die Ausgangssituation betrachten: Die Oper, das Ballett und das Amsterdam Music Theatre wurden zu dem verschmolzen, was wir heute als "Dutch National Opera & Ballet" kennen. Dieser Schritt war natürlich auch ein politischer. Und jedes der drei Häuser musste sich im Entwurf wiederfinden. Dies ist uns offenbar gut gelungen – auch, weil die Verbindung von grafischem System, großen Fotos und Bewegtbild überzeugte: So entsteht beim Betrachter der Eindruck, unmittelbar mit auf die Bühne genommen zu werden.

Du hast den politischen Aspekt des Projektes angesprochen. Gab es hier auch Reibungspunkte mit den Verantwortlichen?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man nicht allzu tief in die Strukturen eintauchen sollte – sonst geht man in der Organisation unter. Wichtig ist, die Top-Entscheider zu involvieren und zu überzeugen. Und hier hatten wir einfach das Glück, dass die Verantwortlichen aller drei Häuser Visionäre sind, die unseren Anspruch teilen: Es ist nicht selbstverständlich, dass sich drei vielbeschäftigte Direktoren die Zeit nehmen, um vom ersten Tag an ausgiebig über die Entwicklung des Designs zu diskutieren. Parallel dazu haben wir versucht, ein Verständnis für die Kultur der Häuser zu bekommen. Hierfür haben wir viele Gespräche geführt: mit Choreografen, Kostümschneidern oder auch Mitgliedern des Chors. In diesen Gesprächen haben wir festgestellt, dass die Wahrnehmung oft sehr innengerichtet sind – und hatten den Wunsch, dies konsequent umzukehren: Das "Dutch National Opera & Ballet" sollte das Erlebnis des Zuschauers in den Fokus rücken. Wir haben daher nach einer Möglichkeit gesucht, den Betrachter gewissermaßen zu hypnotisieren. Und fanden diese Möglichkeit in Slowmotion-Videos mit ihren scheinbar eingefrorenen Bildern.

Waren Petrovsky & Ramone von Anfang an involviert?

Zunächst nicht. Eigentlich wurden wir gebeten, einen Vorschlag für Poster der Performances zu entwickeln. Wir haben hieraus einen Plan für die Verknüpfung von Print und Bewegtbild gemacht: Die Bilder auf den Fotos sind jeweils Stills der Videoaufnahmen, die in den digitalen Medien zu sehen sind.

Wie habt ihr diese Idee präsentiert?

Mit dem Slowmotion-Video eines galoppierenden Pferdes von Matthew Donaldson. Dieses ist eine Minute lang, aber es kam uns vor wie eine Stunde: Drei Direktoren dabei zuzuschauen, wie sie sich ein Video ansehen, in dem fast nichts passiert – das kann einen fast wahnsinnig machen. Aber die Verantwortlichen fanden es phantastisch. Auch weil die modernen HD-Aufnahmen den kontemporären Anspruch des Hauses perfekt widerspiegeln. Als das Konzept stand, haben wir Petrovsky & Ramone als Partner für die Filmaufnahmen ausgewählt. Es ist eine großartige Zusammenarbeit, übrigens ebenso mit Tam Tam, der Agentur, die unsere Ideen digital zum Leben erweckt.

Wie schlägt sich euer Design im Alltag?

Gut. Es ist so modular, dass es immer wieder neu ist. Die Farbwelt ermöglicht, ganz unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen: mal laut, mal leise. Mal etwas mehr Oper, mal mehr Ballett. Das hilft auch den Entscheidungsträgern, ihr Haus wiederzuerkennen.

Inspiriert es euch, mit anderen Disziplinen unter einem Dach zu arbeiten? Ihr teilt euch den Raum ja mit einem Architekturbüro und einer Modellbauwerkstatt.

Ja, das ist inspirierend. Die Architekten von Studioninedots beschäftigen sich sehr stark mit gesellschaftlichen Bezügen und sozialen Prozessen. Und ab uns zu gibt es auch gemeinsame Projekte. Irgendwann haben sie uns zum Beispiel gefragt, ob wir eine Idee hätten, was sie ihren Kunden schenken könnten. Wir haben dann ein Tischtennisturnier hier im Büro organisiert, ganz unkompliziert mit Bier und "Bitterballen". Wir dachten uns: Für ein Büro, das sozial denkt, ist ein soziales Event genau passend.

Und was kommt als nächstes?

Wir haben das Gefühl, dass wir mal wieder ein Projekt machen müssten, das nicht mit Kultur zu tun hat.

Dabei sind Kulturprojekte für viele Designer das vermeintliche Ideal!

Das stimmt. Aber manchmal fühlt es sich an, als würden wir in einer Nische feststecken. Und das, was uns reizt, ist ja gerade die Vielfalt, die Diversität.

Zum Schluss die undankbarste Frage: Gibt es etwas, womit Du beim "Dutch National Opera & Ballet" nicht glücklich bist?

Nicht glücklich bin ich mit dem zeitlichen Dilemma, in dem wir stecken: Wir haben dem Haus ein phantastisches neues Design verschafft – aber nicht die Zeit, es tatsächlich live zu erleben. Wir machen die Kommunikation für wundervolle Ballett-Performances und Opern – und dann sitzen wir abends noch in der Agentur. Vielleicht ist das eben der Nachteil, wenn man "Maker" ist und nicht gerne Arbeit abgibt.