
Gastbeitrag:
Andreas Trautmann: "Promis in der Werbung sind ein zweischneidiges Schwert“
Der jüngste McDonald's-Spot mit einem ganzen Aufgebot an prominenten Testimonials hat gespaltene Reaktionen hervorgerufen. In einem Gastbeitrag für W&V Online befasst sich McCann-Chef Andreas Trautmann mit dem Thema Prominente in der Werbung.
Der jüngste McDonald's-Spot mit einem ganzen Aufgebot an prominenten Testimonials hat gespaltene Reaktionen hervorgerufen - auf der Facebook-Fanpage von W&V gab es am Montag (3.6.) viele kritische Stimmen. Mit dem Thema Prominente in der Werbung befasst sich auch Andreas Trautmann, CEO der McCann Worldgroup Deutschland, in einem Gastbeitrag für W&V Online. Die Agentur McCann betreut in Deutschland unter anderem Kunden wie Homann Feinkost, L’Oréal, Weight Watchers, Mastercard und Coca-Cola.
Als McDonald's Deutschland jüngst mit zehn angesagten deutschen Stars ihre Kampagne '1+1-Angebot' startete, sah es wie ein gelungener Coup aus. Wer hatte schon je so viele angesagte und als cool geltende VIPs wie Moritz Bleibtreu, Jürgen Vogel, Rapper Cro, Moderator Joko Winterscheidt und It-Girl Palina Rojinski zusammen in einer großen TV-Kampagne vereint? Dennoch machte der Fast-Food-Konzern die Rechnung ohne die Fans der Stars. Die zeigen sich nämlich wenig begeistert und hauen ihren TV-Lieblingen heftige Kommentare um die Ohren. 'Hätte ich denen nicht zugetraut, dass sie für dieses Schweinesystem ihre Seele verkaufen', so lautete eine von vielen wenig schmeichelhaften Reaktionen. Die Kritikwelle ist wohl auch deshalb so hoch, weil sich einige der Promis sonst gerne als Gutmenschen positionieren, die sich für grüne Ziele und Fair Trade stark machen. Ziele, für die McDonald's eher nicht bekannt ist.
McDonald's steckt mitten im Wandlungsprozess und möchte weg vom Fast-Food-Image. Doch in der Öffentlichkeit steht das Unternehmen nach wie vor für umstrittene Massentierhaltung, ungesunde Ernährung und zweifelhafte Arbeitsbedingungen. Mit dem deutschen Staraufgebot hoffte McDonald's offensichtlich, dass ein bisschen 'Street Credibility' auf den Konzern abfärben würde, um den Imagewandel schneller voranzutreiben. Dass sich die Konsumenten aber für dumm verkauft fühlen, ist ein klares Zeichen dafür, wie wenig Stars und Kampagne zu McDonald's passen.
Werbung mit bekannten Testimonials steht in Deutschland nach wie vor hoch im Kurs. Unternehmen schätzen es, über VIPs hohe Aufmerksamkeit und schnelle Markenbekanntheit zu generieren. Das ist jedoch häufig ein zweischneidiges Schwert. Denn wenn es nach den Unternehmen geht, sollen Promis für Konsumenten ein Vorbild sein. Diese Rolle fällt jedoch schnell in sich zusammen, wenn sie in Skandale verwickelt werden. So wurden jüngst Kampagnen mit Uli Hoeneß gestoppt, als seine Steuer-Affaire ans Licht kam. Immerhin: Hoeneß war zuvor Jahrzehnte skandalfrei geblieben. Bei vielen anderen Testimonials fragt man sich, warum Unternehmen nicht schon im Vorwege genauer hingeschaut haben. Bei fundierten Recherchen scheiden nämlich viele Promis schon im Vorwege als Vorbilder aus.
Dennoch gibt es weiter gute Gründe für prominente Markenbotschafter: Voraussetzung ist, dass sie einige Kriterien erfüllen. Im besten Fall schaffen sie es nämlich, eine emotionale Bindung zur beworbenen Marke und zum Konsumenten herzustellen sowie Werbebotschaften plakativ zu platzieren. Dafür ist jedoch entscheidend, dass der Promi wirklich zur Marke passt und analog zu seinem Charakter eingesetzt wird. VIPs, die einfach hölzern typische Werbesprache runterleiern, sind dabei wenig glaubwürdig für Verbraucher. Beim Einsatz von Barbara Schöneberger etwa für Homann Feinkost wurde sehr darauf geachtet, dass die TV-Moderatorin in den Spots so rüberkommt, wie der Zuschauer sie auch sonst erlebt: selbstironisch, ein bisschen vorlaut und clever. Da sie gerne isst, passte sie zudem gut zum Produkt – ein perfekter Marken-Fit.
Wichtig ist auch für Unternehmen darauf zu achten, dass ihre prominenten Markenbotschafter nur für wenige Marken werben. Selbst unkritische Verbraucher hinterfragen die Botschaft, wenn ein Promi in jedem zweiten Werbespot für andere Produkte auftaucht. Im Moment schafft nur TV-Moderator Günther Jauch den Spagat, laut Umfragen quasi für fast alles glaubwürdig zu sein.
Außerdem ist ein Werteabgleich sinnvoll. So sollte sich jedes Unternehmen fragen, ob der Promi wirklich zu den Unternehmenswerten und –zielen passt. Meist rächt es sich später, wenn ein Star sich für ein Unternehmen 'verbiegen' muss. Und last but not least: Auch für Promi-Kampagnen braucht man eine starke Idee. Wer auf Stars setzt, weil ihm sonst nichts Gutes einfällt, hat schon im Vorwege verloren."
Gastautor: Andreas Trautmann