Erstaunlich aufregend ist es, "The Swedish Number" zu wählen. Und erstaunlich schnell klappt die Verbindung. Eine freundliche Frauenstimme erklärt noch mal kurz das Prinzip und dann wird man auch schon weiterverbunden.

Es läutet dreimal und ein Mann meldet sich. Am Anfang ist die Verständigung etwas schwierig, mein Gesprächspartner hat vielleicht mit einem schwedischen Anrufer gerechnet und muss erst mal ins Englische wechseln. Doch dann plaudern wir. Die bereitgelegte Schwedenkarte ist nicht nötig, Bo lebt in Stockholm, das ist leicht zu lokalisieren. Er findet die Kampagne für sein Land grandios.

Stolz erzählt er, wie viele Menschen sich schon gemeldet haben. Während des Gesprächs scheint er die Spülmaschine auszuräumen. Die Geräusche im Hintergrund klingen jedenfalls so. Das gefällt mir. Denn auch ich neige dazu, beim Telefonieren nebenbei Hausarbeit zu erledigen und finde das ziemlich authentisch. Zwischendurch hakt die Verbindung etwas und Bo ist schlecht zu verstehen.

Ich krame meine Stockholm-Erinnerungen hervor, vor zehn Jahren war ich zu Besuch in der schönen Stadt. Bo erzählt, wie sehr sich die schwedische Hauptstadt seitdem verändert hat, wie groß sie geworden ist, wie viele Menschen dort leben wollen. Und wir schimpfen gemeinsam auf die Immobilienpreise, die in Stockholm genauso verrückt hoch sind wie in München. Ich frage ihn, welchen Ort ich in Schweden besuchen sollte, wenn ich dazu nur noch eine Chance im Leben hätte. Natürlich schwärmt er von Stockholm, wo er seit 1986 lebt. Von den schönen Schäreninseln und der einzigartigen Natur.

Ich habe noch viele Fragen, würde ihn gerne nach Europa, der Flüchtlingskrise und seinem Deutschlandbild fragen. Aber man muss sich ja erst mal warmreden und irgendwann habe ich das Gefühl, einem Wildfremden vielleicht doch zu viel von seiner Freizeit zu stehlen. Nach einigen Minuten beende ich deshalb das Gespräch - immerhin dauert es länger als der Durchschnittsanruf: Der liegt laut Kampagnenwebsite bei 2 Minuten 50 Sekunden. Nicht viel Zeit, um alle Seiten eines Landes kennenzulernen und heikle Themen anzusprechen. 

Danach bleibt ein wohliges Gefühl. Der Anruf hat Spaß gemacht und bestätigt das positive Bild, das man von Schweden ohnehin hat: gastfreundlich und entspannt. 

Mittlerweile gibt es übrigens auch lokale Nummern, um die Kosten für die Anrufer aus aller Welt gering zu halten. Und man erfährt, warum manchmal kein Schwede erreichbar ist: Weil das Land schläft, schließlich leben viele Anrufer in einer anderen Zeitzone. Oder weil die Schweden feiern und sich um riesige Feuer versammeln, zum Beispiel in der Walpurgisnacht Ende April.

Kleiner Wermutstropfen: Mittlerweile tummeln sich offenbar auch rechtspopulistische Trolle in der Schweden-Hotline und nutzen die Anrufe, um ihre politische Meinung und ihren Hass auf die schwedische Politik auszudrücken. Aber auch das gehört zur Wirklichkeit in Schweden und zur Meinungsfreiheit. 


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.