Interessant ist, dass alles ganz ohne die gewohnte professionelle Marketing-Maschinerie funktioniert. Pressearbeit? Marketing? Bislang zumindest in Deutschland offenbar völlig überflüssig. Die deutsche Rainbow-Loom-Website verweist im Pressebereich auf die österreichischen Kollegen. Aber auch nach zehn Tagen Wartezeit wartet die W&V-Redaktion immer noch vergebens auf einen Rückruf der PR-Abteilung. Weitere Kommunikation ist offenbar nicht nötig, solange die Viraleffekte anhalten und die Kinder sich gegenseitig in ihrer Begeisterung anstecken und neue Fans für das Hobby gewinnen.

Simon Wannagat, Leiter der Kundenberatung bei der auf Jugendmarketing spezialisierten Agentur Element of Arts, staunt ebenso über den Erfolg, das sei "ein Phänomen", sagt er. Kopierbar sei das aber nicht: "Wenn das so einfach wäre, würden das ja bereits alle Werbetreibenden so erfolgreich tun." Nach seiner Meinung sind verschiedene Faktoren zusammen gekommen: Kreative Bastelfreude, Attraktivität für Mädchen UND Jungen und natürlich prominente Loom-Fans wie die Boygroup One Direction und Miley Cyrus. "Das bemerken die Kinder natürlich und eifern dem Produkt noch stärker nach."

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sei auch der "Sammelfaktor, der bei dieser Zielgruppe sehr hoch im Kurs steht und die einfache Möglichkeit, die Bänder miteinander zu teilen und zu verschenken". Damit erhalte das Produkt auch "einen wichtigen sozialen und kommunikativen Aspekt." Das Wichtigste aber sind die Empfehlungen von außen - für Jugend-Marketer die beste Erfolgsgarantie. Aus eigenen Erhebungen wisse man: Ohne Hinweise von Kindern und Eltern geht bei Kindern im Grundschulalter kaum etwas.

Die Eltern jedenfalls müssen sich wohl mit der neuen Bastel-Wut ihrer Kinder arrangiert haben - sonst hätten sich die bunten Bändchen nicht so durchgesetzt. Allerdings könnte die Sympathie vielleicht bald ein wenig leiden: Umweltschützer warnen mittlerweile von der Müllberg-Flut, die die nicht abzubauenden Silikon-Produkte nach sich ziehen könnten. Aber bis die Stimmung kippt, kann sich Erfinder Choong Ng auch noch getrost weiterhin billig-verwackeltes Smartphone-Marketing via Youtube leisten:


Autor: Anja Janotta

seit 1998 bei der W&V - ist die wohl dienstälteste Onlinerin des Hauses. Am liebsten führt sie Interviews – quer durch die ganze Branche. Neben Kreativ- und Karrierethemen schreibt sie ab und zu was völlig anderes - Kinderbücher. Eines davon dreht sich um ein paar nerdige Möchtegern-Influencer.