
Arno Schäfer: "Google wird oft überschätzt"
In der Online-Mediaplanung wird oft nur der letzte werbliche Kontakt als erfolgsrelevant betrachtet. Warum dadurch Google überbewertet wird und wie die Zukunft von Display-Werbung aussieht, erklärt Performance-Media-Geschäftsführer Arno Schäfer im W&V-Online- Interview.
Vom großen Netzwerk zum Spezialisten: Arno Schäfer war fünf Jahre Geschäftsführer der Düsseldorfer Mediacom Interaction, dann musste eine Veränderung her. Seit Dezember 2010 steht er nun gemeinsam mit Christoph Schäfer, mit dem er übrigens nicht verwandt ist, und Rüdiger Hartung an der Spitze von Performance Media, eine unabhängige Online-Mediaagentur mit Sitz in Hamburg. W&V Online verrät Arno Schäfer, was bei einer Spezial-Agentur anders läuft, wo die Online-Media-Planung sich hin bewegt und warum Suchmaschinenriese Google in der Wirkung oft überbewertet wird.
Das erste halbe Jahr im neuen Job ist "überstanden“. Ihr Resümee?
Mein Resümee ist durchweg sehr positiv. Der Wechsel von einer digitalen Full Service-Agentur im Netzwerkverbund zu einer spezialisierten Digitalagentur war die völlig richtige Entscheidung. Für mich persönlich ist ein kleines, unternehmerisches Umfeld sehr viel selbstbestimmter als eine Großagentur - ohne Zweifel ein sehr angenehmer Aspekt.
Was läuft bei Performance Media anders als bei der Mediacom Interaction?
Performance Media ist als Spezialagentur mit einer vergleichsweise überschaubaren Teamstärke von 70 Mitarbeitern aus naheliegenden Gründen deutlich flexibler. Zudem bewegt sich der Online Media-Markt aus verschiedenen Gründen in Richtung der Spezialagenturen. Dies liegt zum einen daran, dass Online-Marketing auf Kundenseite inzwischen vielfach ein Thema für Vorstände oder Marketingleiter geworden ist. Damit sind die analytischen Anforderungen im Detail sprunghaft gewachsen. Zum anderen erfordert die Komplexität unseres Geschäfts einen klaren Fokus auf die Ergebnisse und ein ausgeprägtes Servicelevel für unsere Kunden. Auch können im Bereich Technologie in einer unternehmerisch geprägten, kleineren Agentur deutlich schneller und mutiger Investitionen getätigt werden, weil man nicht lange mit Controllern aus dem Netzwerk diskutieren muss. Die gibt es nämlich gar nicht.
Wie wird sich die Online-Media-Planung in den kommenden Jahren verändern?
Ich bin überzeugt, dass die Entwicklung dahin geht, die einzelnen Kanäle nicht mehr separat voneinander auszuwerten, sondern bei jeder Order mit Hilfe der Multikanalanalyse die gesamte werbliche Kontakthistorie zu betrachten. Meist wird nur der letzte werbliche Kontakt als erfolgsrelevant betrachtet, was jeglicher Erfahrung in der klassischen Mediaplanung widerspricht. Bei Performance Media ist die Multikanalanalyse aufgrund der enormen Datentiefe schon heute das Thema mit dem höchsten technischen Ressourceneinsatz. Im Ergebnis erzielen Kunden mehr Orders mit konstantem Budgeteinsatz. Gleichzeitig verändert diese neue Währung die Budgetallokation auf die einzelnen Kanäle strukturell. Dabei gewinnt Display als Werbeformat zu Beginn des Kaufentscheidungsprozesses mit Abstand am stärksten. Google wird in der Wirkung somit maximal gut bewertet und oft überschätzt.
Aber hat denn Display-Werbung gegenüber den immer stärker werdenden globalen Playern wie Google oder Facebook überhaupt noch eine Chance?
Das Gegenteil ist der Fall: Display-Werbung wird in den nächsten Jahren deutlich Marktanteile gegenüber den anderen Segmenten wie Search und Affiliate zurückgewinnen. Dies liegt daran, dass vertriebsorientierte Werbung über Jahre in den klassischen Responsekanälen ausgebaut wurde. Diese sind, wie Google, jetzt aber bei dem heutigen Budget-Volumen im Grenzbereich für den Werbetreibenden aber vielfach so teuer, dass Display eine vorteilhafte Alternative geworden ist. Facebook ist zwar ein potentiell sehr relevanter Display-Werbeträger, das tatsächliche Mediavolumen ist aufgrund der kleinen Bild-und Text-Platzierungen noch sehr moderat.